Hermann L. Gremliza, Herausgeber von 'Konkret', des wohl bekanntesten linken Magazins im deutschsprachigen Raum, kam im Oktober vergangenen Jahres nach Wuppertal, sah und hörte offensichtlich nichts, hielt eine Rede ... und verlor. Diese Rede wurde kürzlich vom Neue Impulse Verlag in einem 'Israel, die Palästinenser und die deutsche Linke' betitelten Sammelband der Beiträge der gleichnamigen Tagung der DKP-verbundenen 'Marx-Engels-Stiftung' veröffentlicht. Gremliza scheint seiner Rede die Überschrift 'Ein skandalöser Text' gegeben zu haben, und meinte damit das Vorwort zum Israel/Palästina-Heft der DKP-Zeitschrift 'Marxistische Blätter' (4/2001).
Nun kann es nicht gerade das Anliegen einer revolutionären Linken sein, die in vielen Fällen bestenfalls rechtsopportunistische DKP zu verteidigen; wohl aber muß es ein Anliegen einer jeglichen ihres Namens würdigen Linken sein, das ihr eigene Streben, weltweit -- und deshalb auch in Palästina -- gegen Zustände anzutreten, in denen der Mensch ein erniedrigtes Wesen ist, gegen den Vorwurf des Antisemitismus zu verteidigen. Es ist dabei leider unvermeidlich, sich mit 'Konkret' und Gremliza herumzuschlagen, die, diesen Vorwurf gegen die antiimperialistische und folglich antizionistische Linke seit Jahren vehement erheben und darüber hinaus dabei sozusagen die Flugzeugträger für diese linksbürgerliche Invasion auf das ohnehin arg zusammengeschmolzene Territorium der zumindest subjektiv revolutionären Linken sind. Allgemeine Kritik am 'antideutschen' Prozionismus bis hin zu seinen pathologischsten Formen, wie wir sie im Falle der 'Bahamas'-Redakteure konstatieren müssen, wurde schon des öfteren geleistet. Dabei wurde den 'antinationalen/antideutschen' Wortführern zurecht vorgehalten, dass ihr Anspruch, marxistisch zu argumentieren in krassem Gegensatz dazu steht, dass sie Marxens Diktum, dass die Geschichte der Menschheit die Geschichte der Klassenkämpfe sei, durch eine Geschichtskonzeption ersetzt hätten, nach der zumindest die Geschichte der Deutschen die einer Ideologie -- des Antisemitismus -- und ihrer Folgen im 20. Jahrhundert -- des Holocaust -- ist.
Auf diese Argumentation zurückzukommen, ist jedoch nicht das eigentliche Ziel der hier versuchten Kritik an Herrn Gremliza. Ebenso wenig kann es darum gehen, gegen Gremliza & Co. schwerpunktmäßig historische Fakten ins Feld zu führen. Das alles ist schon hundertmal geschehen. Die einschlägige Literatur ist fast erdrückend. Jedoch: die Theoretiker des 'linken' Prozionismus sind davon nicht beeindruckt und das nicht etwa, weil sie glauben, mit ebenso schlagenden Gegenfakten aufwarten zu können, sondern weil Fakten sie überhaupt nicht interessieren. Was aber bleibt bei einer auch wesentlich historischen Auseinandersetzung ohne den kritischen Rückgriff auf Fakten? Feuilleton und Demagogie.
Ich glaube, dass eine textkritische Analyse des Beitrages von Herrn Gremliza genau das als sein Charakteristikum enthüllen wird. Vergleicht man diesen Beitrag mit anderem, was von Seiten der 'antideutschen' Prozionisten geschrieben wurde, so wird man feststellen, dass Gremlizas Methode die der gesamten 'Schule' ist. Das ist nicht unbedingt böser Wille. Aber die in diesen Kreisen gepflegte hochmütige Missachtung der historischen Tatbestände zwingt dazu.
Gremlizas Beitrag besteht formal aus zwei Teilen. Nach wenigen Zeilen der Einleitung hat er zunächst über zwei Seiten eines vor mehr als dreißig Jahren von Jean Améry unter dem Titel 'Der ehrbare Antisemitismus' verfassten Essays verlesen. Dieser Text ist -- so Gremliza -- "das beste, was zwischen 1945 und heute in Deutschland von einem radikalen Linken zum Thema gesagt worden ist". Da Gremliza auch nicht die geringste Kritik an Amérys Text äußert, scheint es mir zulässig zu sein, diesen Text wie den von Gremliza selbst verfassten zu behandeln und mitzukritisieren.
Améry begann mit der Feststellung, dass "der Antisemitismus, enthalten im Anti-Israelismus oder Antizionismus wie das Gewitter in der Wolke" wiederum ehrbar sei. Er könne "ordinär reden, dann heißt das 'Verbrecherstaat Israel'. Er kann es auch auf manierliche Art machen und vom 'Brückenkopf des Imperialismus' sprechen." Damit ist bereits der Ton des gesamten Essays und im übrigen auch der der Gremliza-Rede vorgegeben. Es gibt kein Entrinnen mehr. Was immer man vorbringen mag: Eine konsequente Kritik an Israel, dessen auch von Améry nicht geleugnete Rolle als Besatzungsmacht "unerfreulich" ist, ist antisemitisch, denn "das Bestehen dieses Staatswesens, ist" Améry "wichtiger als das irgend eines anderen". Wieso man sich durch die vehemente Verteidigung irgendeines bürgerlichen Staates als 'radikaler Linker' auszeichnet, bleibt Gremlizas und mit ihm wohl der übrigen 'Antinationalen' Geheimnis. Im übrigen bedarf natürlich das Gewitter der Wolke, aber es ist beileibe nicht so, dass alle Wolken Gewitter bringen. Ebenso ist es natürlich eine grundlegend andere Sache, etwa zu sagen "der Eigentümer der Bank X ist Jude" als "das jüdische Finanzkapital". Das ist so unterschiedlich wie "Brückenkopf des Imperialismus" und "Verbrecherstaat". Die erste Aussage ist eine richtige oder falsche Sachaussage, die zweite hingegen ist eine auf Emotionen zielende agitatorische. Wir werden sehen, dass die systematische 'Verwechslung' beider Ebenen eines der grundlegendsten Bestandteile der Methode auch der Gremliza & Co ist. Angesichts dieser -- man kann es kaum anders bezeichnen -- Demagogie wird jede wissenschaftliche Diskussion über das von Améry thematisierte reale Kräfteverhältnis zwischen der arabischen Welt und Israel, über den Anteil des zionistischen Brückenkopfes des Imperialismus an der Verlängerung der sozialen und politischen Unterentwicklung der arabischen Länder oder über den vermeintlichen antiimperialistischen jüdischen Freiheitskampf, der zur Gründung Israels geführt habe, nutzlos. Von dieser Seite gibt es meines Wissens keinen Versuch, diese und andere nicht die angebliche Befindlichkeit deutscher Linker, sondern die Situation im Nahen Osten betreffenden Fragen wissenschaftlich zu untersuchen. Das deutet darauf hin, dass es gerade diese Kräfte, die den hiesigen Antiimperialisten/Antizionisten schnell -- und nicht notwendigerweise stets unberechtigt -- vorwerfen, ihre ach so deutschen Bedürfnisse nach außen zu projizieren, sind, die genau das in verschärftem Maße tun. Améry schließt -- jedenfalls soweit von Gremliza zitiert -- sein Essay mit den Worten: "Die Allianz des antisemitischen Spießer-Stammtisches mit den Barrikaden ist wider die Natur, Sünde wieder den Geist, um in der vom Thema erzwungenen Terminologie zu bleiben... Es gibt keinen ehrbaren Antisemitismus. Wie sagte Sartre vor Jahr und Tag in seinen 'Überlegungen zur Judenfrage'? 'Was der Antisemit wünscht und vorbereitet, ist der Tod des Juden'." An diesem Schluß ist nicht ein Wort falsch. Aber er beweist, dass Antizionismus, der wie die nicht zufällige Kollaboration aller möglichen Antisemiten einschließlich der Nazis mit zionistischen Organisationen zeigte, stets eher links ist, mit dem Antisemitismus in Wirklichkeit nichts zu tun hat. Wenn doch, ist er kein Antizionismus, sondern objektiv dessen Verbündeter. Es war die kommunistische Bewegung -- zumindest die vor der stalinistischen Konterrevolution -- die antizionistisch war und die gleichzeitig die Massen der jüdischen Werktätigen nicht etwa aus ihren Reihen ausschließen und ans andere Ende der Welt deportieren wollte, sondern sich bemühte, sie in ihren Reihen zu organisieren. Die marxistische und damit antizionistische Bewegung ohne den intellektuellen und organisatorischen Beitrag von Juden? Undenkbar! So richtig Amérys abschließender Absatz seines Essays für sich genommen ist, so sehr wird er zu einer unerträglichen Demagogie, wenn er auf dem Hintergrund seiner zuvor vorgenommenen Verbindung zwischen wenn gar nicht Gleichsetzung von Antisemitismus und Antizionismus gesehen wird.
Doch nun zu Gremliza höchstpersönlich: Der Verlag hat dankenswerter Weise die Kritik an dessen Ausführungen dadurch erleichtert, dass er den von Gremliza als "skandalös" bezeichneten Text aus den 'Marxistischen Blättern' (MBl) mitveröffentlicht hat. Gremlizas erste Kritik betrifft die Tatsache, dass im MBl-Vorwort die Juden ein "Volk" in Anführungszeichen seien. Sein Verdikt lautet: "Angehörige des Kollektivs 'die Deutschen' sollten, auch wenn sie, anders als Sie, die Rede vom Volk meiden, weil sie völkisch kontaminiert ist, nicht mit Juden darüber rechten, wie sich die der Mordlust unserer Väter nach Israel Entkommenen nennen wollen. Wer Jude ist und ob sie sich ein Volk nennen sollen, möge bestimmen wer will, nur für die nächsten tausend Jahre eine Menschensorte nicht: Deutsche." Im kritisierten Text jedoch wird Volk keineswegs maliziös stets in Anführungszeichen gesetzt. Dort heißt es vielmehr: "Mit Israel hat sich jenes Volk -- genauer gesagt: hat sich jener Teil der Judenheit, der sich selbst als 'Volk' verstand -- einen Staat geschaffen, das der deutsche Faschismus 'mit Stumpf und Stiel' ausrotten wollte." Zwar ist auch dieser Satz sachlich nicht ganz richtig, weil es in der Tat antizionistische Menschen gab und gibt, die sich nicht aus religösen, wohl aber wegen ihres kulturellen Hintergrundes z.B. als Jiddisch-Sprechende und ihres historischen Hintergrundes als zumindest potentielle Opfer des Antisemitismus als Angehörige der von Abraham Leon so bezeichneten jüdischen 'Volksklasse' definierten. Die Verweigerung des Rechtes von Juden, sich als Angehörige eines Volkes zu sehen, ist jedoch ganz offensichtlich nicht sein Thema. Wohl aber stellt das von Gremliza ausschließlich für Deutsche ausgesprochene Verbot -- auch für solche des Jahres 3.000 --, über die Frage zu befinden, ob Juden ein Volks sind, eine völlige Negation seines eigenen 'antinationalen' Anspruchs dar. Die hier konstruierte Kollektivschuld ist originär nationalistisch, zumal, wenn sie bis zum hundertsten Glied reicht. Gremlizas im folgenden im gleichen Sinn dargelegte Theorie, der zufolge die europäischen Juden nicht etwa Opfer des -- wie im MBl-Text formuliert -- "deutschen Faschismus" waren, sondern "der Deutschen", ist an und für sich zu abstrus, um darauf näher einzugehen. Er selbst muß eingestehen, dass nicht alle Deutsche direkt oder indirekt am Holocaust beteiligt waren. Wenngleich die Zahl der Beteiligten sicher größer war als hinterher zugegeben, ist es doch offensichtlich, dass die meisten nicht daran beteiligt waren, es sei denn durch Passivität, und das ist nun wirklich keine ausschließlich deutsche Haltung -- weder unter den Bedingungen einer Demokratie noch gar unter denen einer Diktatur. Weiter kritisiert Gremliza dann die Aussage der MBl, dass der Zionismus bis zum Holocaust zahllosen Juden als "abseitige Ideologie" erschienen sei. Gremlizas sarkastische Reaktion: "...und wenn es die Juden, bevor sie aus Angst um ihr Leben den Kopf verloren haben, selbst so gesehen haben, wird der Zionismus schon eine abseitige Ideologie sein. 'Plausibel' gemacht haben diese abseitige Ideologie, dem Subtext Ihres Vorworts zufolge, die deutschen Faschisten. Die gibt es nicht mehr. Und deshalb ist der Zionismus auch nicht mehr plausibel, sondern abseitig. (Warum, übrigens, keine 'abartige'? Es wird sich vor 1933 bestimmt bei irgendeinem jüdischen Autor auch dieses Wort finden)." Nun ist es zum einen so, dass der Zionismus gerade auch in Deutschland und Westeuropa bis zur antisemitischen Barbarei der Nazis eine Minderheitenideologie war, die Autoren des Vorworts also lediglich einen historischen Tatbestand in Erinnerung rufen. Kein Grund zum Sarkasmus, es sei denn man habe Beweise für die Unrichtigkeit der Behauptung. Weiterhin ist es so, dass die Autoren eben nicht den tendenziell biologistischen Begriff 'abartig' verwandt haben, gleich, ob das Wort in irgendeiner jüdischen Quelle vor 1933 aufzufinden gewesen wäre oder nicht. Was ist das für eine Diskussionskultur, in der man den Gegner anschwärzt, indem man belastete Begriffe findet, die er benutzt haben könnte -- aber eben nicht benutz hat? Darüber hinaus argumentieren die Autoren des Vorworts auch keineswegs, dass der Zionismus durch das Ende der Existenz des deutschen Faschismus nicht länger plausibel sei. Vielmehr konstatieren sie: "Deutsche, die sich ihrer Geschichte bewusst sind, werden diese Tatsachen bei jedem Blick auf Israel vor Augen treten. Hinzu kommt, dass sich der Antisemitismus -- der Begriff im landläufigen Sinne verstanden, bekanntlich sind auch die Araber 'Semiten' -- mit der militärischen Zerschlagung des Nazifaschismus ja nicht erledigt ist." Vielleicht sollte aber mit dem Vergleich dieses Satzes und Gremlizas Kritik diese 'erledigt' sein. Im übrigen ist es natürlich so, dass Plausibilität die eine Sache und Richtigkeit eine ganz andere ist. Daß für eine Vielzahl von jüdischen Opfern des deutschen Faschismus der Zionismus plausibel wurde, ist nachvollziehbar. Aber es ist kein Grund insbesondere für Marxisten -- und als ein solcher beliebt Gremliza merkwürdigerweise bisweilen immer noch zu posieren --, ihn heute richtiger zu finden als zur Zeit seines Entstehens, wo er insbesondere auf die permanenten antijüdischen Pogrome im Zarenreich reagierte. Gremliza aber will keine Gelegenheit auslassen, von einem Fettnäpfchen ins nächste zu treten. Als nächstes ereifert er sich -- eigenes Unwissen und Desinteresse als Nicht-'Rassenkundler' suggerierend -- darüber, dass die Autoren es gewagt haben, darauf hinzuweisen, dass der Begriff 'Antisemitismus' im Grunde ungenau ist, da er keineswegs alle Semiten wie die Araber einschließe. Für Gremliza nämlich bedeutet die Erwähnung der Araber und mehr noch die Tatsache, dass die MBl-Autoren feststellen, dass der Antisemitismus in Deutschland "Hand in Hand mit anderen (auch antiarabischen und antiislamischen!) Formen des Rassismus" wiederauflebe, dass die Autoren "Antisemitismus mit Antiarabismus oder Antiislamismus gleichsetzen" und den Antisemitismus "beschönigen und leugnen". Nun heißt, Hand in Hand gehen, in Wirklichkeit keineswegs, identisch zu sein. Andererseits bedeutet eine Nichtidentität keineswegs notwendigerweise, dass das eine dem anderen vorzuziehen sei. Gremliza jedoch greift zu einem neuen Trick. Er fragt, ob der Antiislamismus denn die Endlösung der Moslemfrage wolle, und kokettiert erneut mit seinem 'Marxismus', indem er fragt, ob er denn nicht Gegner "von Aberglaubensgemeinschaften aller Arten sein" dürfe. Er darf nicht nur, er sollte! Er sollte aber in Hinblick auf den Aberglauben nicht nur ein Gegner der "zwei gruseligen Mordsreligionen" -- des Christentums und des Islam -- sein, sondern ebenso des nur dank der Abwesenheit eigener staatlicher Macht weniger mordenden Judaismus. Im übrigen sollte er die afrikanischen oder türkischen Opfer des nicht ausdrücklich antisemitschen modernen deutschen Rassismus oder die Opfer des 'Rassismus' in Rwanda und des religiösen Kommunalismus in Indien oder Pakistan fragen, was diese denn so angenehm an 'normalen' Formen des Rassismus oder Religionsfanatismus finden. Die Besonderheit des Antisemitismus kann kein Grund sein, den mörderischen Charakter anderer Formen des Rassismus mit der linken Hand abzutun, wie das Gremliza mit dem Hinweis darauf tut, dass schließlich noch kein Araber in eine deutsche Gaskammer geführt worden sei. Weiter empört sich der Herr Gremliza darüber, dass es die Autoren wagen, ihre -- wie im übrigen auch immer zu kritisierende -- Position zu Palästina nicht ausschließlich am Holocaust auszurichten. Dass sie das nicht tun, sondern auf der Notwendigkeit bestehen, die "Wirklichkeit" nach dem Holocaust und außerhalb Deutschlands -- und Israels -- zu bedenken, genügt ihm, um sie als Antisemiten zu entlarven. Das tut er mit umso größerer Verve als sich die Autoren des Vorworts angeblich erdreistet haben festzustellen, dass der Zionismus, "also das jüdische Übel" älter ist als der deutsche Faschismus (zur Erinnerung: der erste Zionistenkongress fand 1897 in Basel statt). Vom "jüdischen Übel" -- einem stark nach Julius Streicher (Herausgeber des antisemitischen NS-Hetzblatts 'Der Stürmer') riechenden Begriff -- ist allerdings ausschließlich bei Gremliza die Rede. Die MBl-Autoren schreiben vom Zionismus als "bis heute quasi offizielle Staatsdoktrin Israels".
In die letzte Runde geht Gremliza mit den Worten "und es geht immer noch ein bisschen schlimmer". Der Mann hat recht -- allerdings auf ihn selbst bezogen. Die Aussage des Vorworts, dass der "Zionismus als Antwort auf die antijüdischen europäischen Nationalismen, doch zugleich deren Denkmuster folgend" der arabischen Bevölkerung Palästinas von Anfang an als feindliche Verdrängungsideologie und -praxis begegnete, kontert Gremliza nicht etwa mit einer historischen Widerlegung -- wie könnte er auch? -- sondern damit, dass er behauptet, in diesem Satz solle mitschwingen, dass der Zionismus den Denkmustern der Nazis folge. Die Autoren hatten von europäischen Nationalismen geschrieben, deren antisemitischen Seiten sich keineswegs nur in der Nazi-Ideologie finden. Darüberhinaus jedoch hätten sie recht, wenn sie gewisse Parallelen zwischen der Ideologie des deutschen Faschismus und des Zionismus festgestellt hätten -- beide sind bei allen Unterschieden Ausdruck eines völkisch verstandenen und natürlich gegen die Einheit der internationalen Arbeiterklasse gerichtete Nationalismus. Und in der Tat ergeben sich auch daraus die Verbrechen der zionistischen Bewegung gegen die im zu von ihr zu besiedelnden Land vorgefundenen Araber. Gremliza nun versucht nicht, dieses historische Faktum zu bestreiten, sondern dessen Nennung durch die Behauptung, sie sei antisemitisch, zu verhindern. Er formuliert nämlich "Und deshalb, kein Wunder, begehen die Juden alle möglichen Verbrechen, die bei uns seit den Nürnberger Prozessen Verbrechen gegen die Menschlichkeit genannt werden". Im MBl-Text ist aber gar keine Rede davon, dass "die Juden" alle möglichen Verbrechen begehen, sondern jüdische Nationalisten (Zionisten). Was hier politisch ist, schreibt Gremliza rassistisch um.
L.D.Trotzki hatte sich immer wieder gegen die bei der stalinistischen Konterrevolution so beliebte Methode des Amalgams gewandt. Das ist die Methode, die Position einer linken politischen Kraft dadurch zu erledigen, dass man sie mit oberflächlich ähnlichen Positionen der Rechten gleichsetzt. Etwa so: Trotzki ist ein Faschist, weil er Stalin kritisiert. Hitler ist schließlich auch gegen Stalin. Herr Gremliza bedient sich dieser Methode im Fall der DKP, obgleich deren Antizionismus recht inkonsequent ist. Um aber den DKP-Autoren Antisemitismus vorwerfen zu können, muß er die Gleichartigkeit der Positionen mit denen offener (rechtsradikaler) Antisemiten nicht etwa feststellen, sondern erst noch durch die hier aufgeführten Pseudozitate konstruieren. Von einer solchen 'Geistes'haltung her ist es denn auch ein Leichtes, den Aufruf der MBl zur "Solidarität mit dem um seine Würde und sein Recht auf ein selbstbestimmtes Leben kämpfenden palästinensischen Volk" mit den Worten zu beantworten: "Wenn Sie mit um ihre Würde kämpfenden Opfern von Massakern und systematischer Massenvertreibung solidarisch sein wollen, warum gehen Sie dann nicht zur Sudetendeutschen Landsmannschaft? Die ist weder antideutsch noch philosemitisch." Mit dem Hinweis auf die Sudetendeutsche Landsmannschaft hat er sicher einen schwachen Punkt der DKP erwischt, die sich wenn überhaupt nur schwer dazu durchringen kann, die summarische Vertreibung der Deutschen aus dem Osten nach dem 2. Weltkrieg als das zu bezeichnen, was sie war, ein chauvinistisches Verbrechen. Wenn aber ausgerechnet er wieder die Frage stellt, was diese Forderung denn mit Marx, mit Engels, mit Kommunismus zu tun habe, dann sei ihm entgegengehalten: Der Kommunismus von Marx und Engels stellt zwar die Arbeiterklasse und nicht das 'Volk' in den Mittelpunkt seiner Betrachtung. Er tut das aber, weil deren Selbstbefreiung die Voraussetzung der Befreiung aller Menschen von Unterdrückung jeglicher Art ist. Marx mag, auch beeinflußt von der Hegelschen Vorstellung über geschichtslose Völker und vor allem in der vorimperialistischen Epoche des Kapitalismus wirkend geglaubt haben, dass einige Völker von fortgeschritteneren Völkern erst auf ein Entwicklungsniveau geführt werden müssten, das eine proletarische Revolution bei ihnen möglich macht. Ganz sicher waren Marx und Engels (und natürlich noch deutlicher Lenin und Trotzki) nie Anhänger der blutigen kolonialen Unterdrückung des nationalen Freiheitskampfes von Völkern gewesen, auch wenn sie diesen für verfrüht gehalten haben mögen. Den vom Imperialismus gestützten und diesen stützenden zionistischen Staat Israel in irgendeiner Hinsicht mit Qualitäten auszustatten, die zu Nutzen des Proletariats in den Ländern des Nahen Ostens einschließlich des jüdischen wären, das wäre eine Geistesleistung, die den Herren von 'Konkret' und 'Bahamas' zuzutrauen wäre... aber auch nur ihnen. Mögen sie schreiben, was sie wollen, aber möge niemand sie auch nur im entferntesten mit dem Marxismus in Verbindung bringen. Marxisten sagen, was ist. Demagogen zersetzen das Bewusstsein der Arbeiterklasse, die ausschlaggebende Basis für ihre und der ganzen Menschheit Selbstbefreiung.