Kein Zweifel: Die Entführung von PKK-Generalsekretär Abdullah Öcalan ist eine konzertierte Verschwörung praktisch der gesamten imperialistischen Welt mit ihren lokalen Hilfskräften gegen die kurdische nationale Befreiungbewegung. Verantwortlich sind neben den direkt Beteiligten - d.h. neben der Türkei, Kenia und Griechenland auch die USA und Israel als gemeinsamer regionaler Hauptverbündeter der USA und der Türkei - auch alle die Staaten, die dem Mann, der in den letzten 15 Jahren unbestritten die kurdische Nationalbewegung in der Türkei geführt hat, seit seiner Ankunft in Rom im November 1998 das Asyl verwehrt haben, und natürlich die Staaten, die außerdem wie die BRD den türkischen Kolonialkrieg im Land zudem mit Geld und Waffen unterstützt haben. Die Aktionen der Anhänger 'Apos' auch in der BRD als Reaktion auf diese Verschwörung schadeten in verschiedenen Fällen dem kurdischen Befreiungskampf, so wenn Läden angegriffen wurden, nur weil sie 'türkische' Läden waren. Aber sie waren Ausdruck der Verzweiflung von Kurden, die sich nicht nur ihres Führers beraubt sahen, sondern zutiefst getroffen waren, als sie erkennen mußten, daß sie ungeachtet der vielen Friedensangebote, die ihre Führung der Türkei und den imperialistischen Staaten gemacht hatte, wie eh und je keine Freunde haben, jedenfalls keine mit politischer Macht. Um genau diese jedoch hatte sich die PKK in den letzten Jahren verstärkt und auf Kosten ihrer traditionellen Beziehungen zur Linken außerhalb der Türkei besonders bemüht. Daß die Demonstrationen und Kundgebungen im wesentlichen natürlich organisiert waren, steht dazu überhaupt nicht im Widerspruch.
Unter diesen Umständen ist es offensichtlich, daß Kommunisten mit den für ihre legitimen Rechte eintretenden Kurden ohne wenn und aber solidarisch gegen ihre Unter drücker angefangen vom 'Sozialdemokatenen' Ecevit bis zum grünen Joseph Fischer sind. Diese Solidarität hat auch die von diesen kurdischen Männern und Frauen selbstgewählte Führung, die PKK, einzubeziehen, soweit diese das Opfer von Angriffe seitens der chauvinistischen Folterdemokratie der Türkei und ihrer imperialistischen Helfershelfer ist.
Diese Unterstützung für die gegenwärtige Führung der kurdischen Massen kann jedoch nur taktischer Natur sein. Gleichzeitig darf man nicht die Augen vor dem sozialen Charakter und der sich daraus ableitenden Politik der PKK schließen. Die Unterstützung für den umfassenden Freiheitswunsch der kurdischen Arbeiterklasse und der übrigen werktätigen Massen, der soziale mit nationalen Hoffnungen verbindet, setzt die offene Auseinandersetzungen mit ihren nationalistischen und also bürgerlichen Führungen voraus, die die sozialen Hoffnungen notwendigerweise verraten und gerade deshalb in der heutigen Epoche des Imperialismus die nationalen Hoffnungen - d.h. die Schaffung eines eigenen Nationalstaates oder auch nur einer realen Autonomie - nur noch in besonderen Ausnahmefällen erfüllen können.
In dieser Hinsicht war etwa Lenin in seinem "Ursprünglichen Entwurf der Thesen zur nationalen und kolonialen Frage" für den 2. Kongress der Komintern v. Juni 1920 völlig eindeutig - und zwar im Gegensatz zu seinen Nachfolgern. Es heißt dort: "In Bezug auf die zurückgebliebenen Staaten und Nationen... muß man insbesonder im Auge behalten: ...die Notwendigkeit, einen entschiedenen Kampf zu führen gegen die Versuche, den bürgerlich-demokratischen Befreiungsströmungen in den zurückgebliebenen Ländern einen kommunistischen Anstrich zu geben. Die Kommunistische Internationale darf die bürgerlich-demokratischen nationalen Bewegungen nur dann unterstützen, wenn die Elemente der zukünftigen proletarischen Parteien, die nicht nur dem Namen nach kommunistische Parteien sind, in allen zurückgebliebenen Ländern gesammelt und im Bewußtsein ihrer besonderen Aufgaben, der Aufgaben des Kampfes gegen die bürgerlich-demokratischen Bewegungen innerhalb ihrer Nation, erzogen werden. Die Kommunistische Internationale muß ein zeitweiliges Bündnis mit der bürgerlichen Demokratie der Kolonien und der zurückgebliebenen Länder eingehen, darf sich aber nicht mit ihr verschmelzen, sondern muß unbedingt die Selbstständigkeit der proletarischen Bewegung - sogar in ihrer Keimform - wahren."
Ebenso wenig wie seinerzeit die Verhaftung von 'Presidente Gonzalo' das definitive Ende der 'PCP'-Leuchtender Pfad in Peru bedeutete, muß die Entführung und Verhaftung von Abdullah Öcalan das Ende der PKK bedeuten. Als der 'Vorsitzende Apo' in Italien eintraf, wurde das allerdings der staunenden Öffentlichkeit von der PKK und ihren - teilweise radikalisierten aber nichts desto weniger letztlich nur linksliberalen - europäischen Anhängern als ein Sieg verkauft, als der Beginn der Lösung des Kurdenproblems in der Türkei mit Hilfe diplomatischer Aktivitäten des europäichen Imperialismus. Die reale Entwicklung jedoch war die, daß der PKK-Vorsitzende unter Mißachtung aller bürgerlich-demokratischen Asylgesetze in Europa zum Dauerflüchtling gemacht wurde.
Was nun geschehen ist, ist der nicht unerwartete vorläufige erfolgreiche Abschluß der dem zugrunde liegenden Strategie des Imperialismus. Er spiegelt gleichzeitig die strategische Schwäche der PKK und mit ihr der ganzen nationalen und also bürgerlichen Befreiungsbewegung des kurdischen Volkes wider.
Alle Bemühungen der PKK und insbesondere Abdullah Öcalans in den vergangenen Jahren, sich vor der Weltöffentlichkeit ihres Rufes als einer gefährlichen stalinistischen und terroristischen Separatistenorganisation zu entledigen, haben relativ wenig gefruchtet.
Daß die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) trotz ihres Namens eine bürgerliche Partei ist, steht überhaupt nicht ernsthaft in Frage. Ihre stalinistische Programmatik und Rhetorik bis Ende der 80ger Jahre steht dazu keineswegs im Gegensatz. Schon bei ihrer Gründung 1978 formulierte sie die national-demokratische, also bürgerliche Revolution, als ihr Etappenziel. Die Erfahrungen mit entsprechenden Bewegungen weltweit haben ausnahmslos gezeigt, daß es dabei bleibt, und zwar nicht etwa, weil die nächste Etappe trotz aller Anstrengungen angesichts des Kräfteverhältnisses nicht erreicht wurde, sondern, weil die Führungen der nationalen Befreiungsbewegungen spätestens nach der Staatsgründung ihr Klassenziel erreicht sahen, nämlich das, - bisweilen unbotmäßige - Juniorpartner der internationalen Bourgeoisie zu werden.
Aber selbst der 'antifeudale' Charakter des 'national-demokratischen' Kampfes ist fragwürdig, wobei das Problem, ob der Begriff "Feudalismus" überhaupt für die Zustände etwa im Kurdistan seit den 70er Jahren angemessen ist, hier gar nicht diskutiert werden muß. In der Tat hat die PKK von Anbeginn an ihr Verhältnis zu den 'feudalen' Aghas in Kurdistan im Wesentlichen nicht als ein Klassenverhältnis bestimmt, d.h. in Hinblick auf deren Rolle als Ausbeuter kurdischer Bauern bzw. Landarbeiter, sondern in Hinblick auf deren 'Patriotismus', ihrer politische Haltung zum Ziel der Gründung eines selbstständigen kurdischen Staates. Eines der deutlichsten Eingeständnisse in dieser Hinsicht findet man im ERNK-Organ "Kurdistan Report" Nr.80/1996. Dort heißt es: "Der kurdische Bauer, der früher noch dem Großgrundbesitzer ängstlich ausgewichen ist, kämpft im Zuge des nationalen Befreiungskampfes mit ihm gemeinsam und gleichberechtigt." Wo im Zentrum des Marxismus der Klassenkampf steht, wird hier die Freundschaft von Herr und Knecht angepriesen.
Die Tatsache, daß der 'antifeudale' Kampf inkonsequent bleibt, ist nicht überraschend. In der Tat ist die moderne Bourgeoisie in Kurdistan zu schwach, um ihre historische Aufgabe der Schaffung eines auch ökonomisch unabhängigen kapitalistischen Staates zu erfüllen. Sie ist gleichermaßen vom Imperialismus wie von der Arbeiterklasse und den übrigen werktätigen Schichten bedroht und muß sich daher mit den Restbeständen der herrschenden Klasse einer früheren Epoche verbünden. Die Führung der nationalen Befreiungsbewegung ihrerseits bereitet sich auf der Basis ihres bürgerlichen Programmes auf ihren eigenen Aufstieg in die - teilweise bürokratische aber vorallem seit dem Zusammenbruch des stalinistischen Staatskapitalismus durchaus auch privatkapitalistische - Bourgeoisie vor. Die Arbeiterklasse, die Kleinbauern und die städtischen Marginalisierten braucht sie für diese Perspektive als Rammbock.
Nach dem Zusammenbruch des von der PKK zwar wegen seiner Türkeipolitik oft kritisierten aber dennoch von ihr als 'sozialistisch' angesehenen staatskapitalistischen Ostblocks hat sich die PKK - wie weltweit alle nationalen Befreiungsbewegungen - zunehmend von ihrer 'marxistisch-leninistischen' Propaganda verabschiedet und - gerade soweit es die Äußerungen Öcalans betraf - eine Konzeption von 'Sozialismus' entwickelt, die der romantischen Vorstellungen etwa des Baath-Gründers Michel Aflaq wesentlich näher als der irgendeines Marxisten steht. Von den völkischen und bis zum Antisemitismus reichenden Entgleisungen Öcalans selbst oder anderer Kader der Bewegung soll an dieser Stelle nicht erneut gesprochen werden. Daß der 'gefährliche Marxist' Öcalan mehrfach dazu ermahnt hat, doch nicht soviel von der Arbeiterklasse zu reden, da gerade sie nicht besonders 'patriotisch' sei, ist denn auch in diesem Zusammenhang kaum noch bemerkenswert. Natürlich gibt es von Seiten der PKK auch Schriften und Erklärungen, die auf dem ersten Blick dem Marxismus wesentlich näher zu sein scheinen. Allerdings darf hier zum einen nicht die überragende Rolle von 'Serok Apo' übersehen werden. Der seit Beginn der nicht umsonst bereits in den 70er Jahren allgemein als "Apocular" bezeichneten Bewegung hervorstechende Personenkult um ihren Führer, der überdies im Laufe der 90er Jahre parallel zur Zurückdrängung der Klassenfrage in der Propaganda der PKK weiter forciert wurde, macht auch dessen 'theoretische' Ergüsse letztlich zur einzigen wirkliche Ideologie der PKK.
Was den charakteristischen Personenkult um den Vorsitzenden Apo ("Serok Apo") anbelangt, seien nur zwei von vielen einschlägigen Zitaten aufgeführt: "Keine einzige Philosophie oder theoretische Charakterisierung reicht aus, um Abdulla Öcalan im ganzen in seine Sphäre aufzunehmen (...), denn Abdullah Öcalans Lehren und seine Philosophie sind noch nicht verstanden undvollends durchleuchtet worden. (...) Es ist zu begrenzt, den Genossen Abdullah Öcalan nur als eine nationale Führung zu sehen; er ist eine Person, die mindestens einer Epoche der Weltgeschichte ihren Stempel aufdückt" (aus dem Zentralorgan der PKK 'Serxebun' v. Mai 1996, zit. nach "Sozialistische Aktion" Nr.7, Febr.1999). Über sich selbst stellte Öcalan fest: "Die Führung kennt keine Grenzen und Hindernisse beim tiefgehenden Denken, bei der Konzentration. Alles, was ich anfasse, wird zum Sieg." (Serxebun, Nov.1996, zit. Ebenda).
Zum anderen sei all jenen, die für ihre Ansicht, die PKK sei eine sozialistische Kraft, hier und da ein Zitat aus ihrem Schrifttum ausgraben, empfohlen, beispielsweise die Broschüre des Kulturbüros der Nationalen (Panarabischen) Führung 'Arabischen Sozialistischen Ba'th Partei' in Baghdad "The Historical Mission of the Working Class and the Contemporary International Revolutionary Process', zu lesen, die diese dem 'Internationalen Sozialistischen Kongreß' in Ostberlin anläßlich des 125. Jahrestages der Veröffentlichung des Kommunistischen Manifestes 1973 vorlegte. Keine Schrift der PKK ist so 'marxistisch' wie dieses Werk der Partei des Saddam Hussein! Daß die PKK andererseits beispielsweise eine positive Bedeutung für die Entwicklung der Frauenfrage in Kurdistan hat, ist unbestritten. Gleichzeitig überschreitet auch ihre diesbezügliche Politik den bürgerlichen Rahmen keineswegs und geht nicht über das hinaus, was beispielsweise die programmatisch liberalen 'Volksmojahedin' Irans in dieser Frage leisten. Überdies werden die heutigen Schritte in diese Richtung vom Ziel des Kampfes, der Gründung eines kapitalistischen - und das heißt im Falle Kurdistans auf Grund seiner geographischen Position und seines sozio-ökonomischen Erbes notwendigerweise besonders rückständigen - Staates notwendigerweise konterkarriert.
Trotz allem schreibt etwa die Wiener 'Presse': "Mit der Verharmlosung der PKK muß endlich Schluß gemacht werden. Die PKK ist eine straff organisierte marxistisch-leninistische Terrorgruppe"; und im 'Bonner Generalanzeiger' ist wie eh und je die Rede von der "Separatistenorganisation". Diese Stimmen sind typisch und zeigen, daß man die PKK weder als 'marxistische' noch als 'patriotische' Befreiungsbewegung des kurdischen Volkes haben will, da man gar keine auch nur nationale Befreiung des kurdischen Volkes brauchen kann.
Der Abbau 'marxistisch-leninistischen' Blendwerks einer ungeachtet ihrer proletarischen und kleinbürgerlichen Massenbasis bürgerlichen Partei ist letztlich nur die Begleitmusik für die strategische Umorientierung vom Ziel eines 'antiimperialistischen' Nationalstaates zu einer Lösung des Kurdenproblems im Rahmen der Türkei und mit Hilfe der imperialistischen Verbündeten der Türkei. Darüber können auch die bei Bedarf geschwungenen antiimperialistischen Reden nicht hinweg täuschen. Der Antiimperialismus der "antiimperialistischen" bürgerlichen Bewegungen kann nur ein konjunktureller sein, niemals ein struktureller. Der Heroismus der Abertausenden von Kämpfern - Söhnen und Töchtern armer Bauern, Arbeiter oder kleiner Handwerker und Ladenbesitzer aus Kurdistan aber auch aus den übrigen Teilen der Türkei und dem kurdischen Exil in Europa, für die die Befreiung Kurdistans ihre umfassende menschliche Befreiung bedeuten soll - muß als Druckmittel herhalten, um eine diplomatische Lösung durchzusetzen, die ausdrücklich den Rahmen der im Nahen Osten und weltweit bestehenden Ordnung nicht sprengt. Zu diesem Zweck hat die PKK verschiedene symbolische Zeichen gesetzt, darunter 1995 die Ersetzung ihres bisherigen Parteiemblems 'Hammer und Sichel' durch eine Fackel. Auch die Aufnahme einer 'Islamischen Union Kurdistans' ('Yekitiya Islamiya Kurdistan') in die von der PKK geführte 'Nationale Befreiungsfront Kurdistans' (ERNK) und dementsprechende Verbeugungen vor dem in der Region wütenden Islamismus sind mehr als ein taktisches Zugeständnis an die religiösen Gefühle der meisten Kurden, ein Zugeständnis im übrigen, das in dieser Form für eine marxistische und also atheistische Organisation, deren erste Aufgabe in der Verbreitung eines wissenschaftlichen Klassenbewußtseins innerhalb der Arbeiterklasse bestehen müßte, völlig indiskutabel ist. Sie sind vorallem ein Bündnisangebot an regionale Kräfte wie die 'Islamische Republik Iran', deren 'Antiimperialismus' umso illusorischer ist, als er derart sozialreaktionär ist, daß er dem imperialistischen ökonomischen Zugriff realiter gar nicht Paroli bieten kann.
Der wichtigste Schritt war jedoch im März 1993 gemacht worden, als Abdullah Öcalan ein gemeinsames Protokoll mit einem seiner früheren Erzfeinde, dem Generalsekretär der PSK, Kemal Burkay, unterzeichnete, in dem er auf die Forderung nach der 'Unabhängigkeit' Kurdistans verzichtet. Das seitdem von der PKK mehrfach wiederholte Angebot einer föderativen Republik hatte die Partei in ihrem Gründungsmanifest noch ausdrücklich als "reaktionär" bezeichnet, und zwar zu Recht.
Zweifellos ist die Aufspaltung bestehender Staaten nach ethnischen Gesichtspunkten kein Selbstzweck und zumal in der gegenwärtigen Epoche des Kapitalismus, in der die Bourgeoisie und also ihr Nationalstaat weltweit keine progressive Rolle mehr spielt, keineswegs eine Lösung, die den Interessen der Entwicklung der Produktivkräfte als Voraussetzung zur Verbesserung des Loses der arbeitenden Menschen am besten dient. Andererseits bedeutet eine Konföderation mit oder gar nur eine Autonomie in der Türkei oder einem der Staaten, auf die Kurdistan aufgeteilt ist, heute notwendigerweise die Unterordnung unter die repressiven Regime der jeweilig stärkeren Nationalität.
Das auf ihrem 5. Kongreß 1995 von der PKK angenommene neue Parteiprogramm spricht in Hinblick auf die Beziehungen eines freien Kurdistans zu den Nachbarvölkern und insbesondere der Bevölkerung der Türkei als Ziel von einer 'Föderation des Mittleren Ostens'. Diese Föderation wird wohlbemerkt nicht als eine sozialistische definiert. Die traditionelle Losung der kurdischen Nationalbewegung hieß "Autonomie für Kurdistan, Demokratie für den jeweiligen Zentralstaat". Keine der herrschenden Bourgeoisien der Staaten, auf die Kurdistan aufgeteilt ist, kann sich aber eine Demokratie auch nur von der begrenzten Art der bürgerlichen Demokratie in den imperialistischen Ländern leisten. Wenn unter der türkische Folter-Demokratie nicht einmal das türkische Volk frei ist, kann es erst recht keine Freiheit und Gleichberechtgung für das kurdische Volk geben. Selbst die volle Verwirklichung bürgerlicher Freiheiten verlangt deshalb den Sturz der bürgerlichen Klasse und die Errichtung von Staaten unter der Führung der Arbeiterklasse mit der Perspektive auf den Sozialismus.
Realistischerweise muß davon ausgegangen werden, daß die PKK weder die Möglichkeit hat, eine Autonomie innerhalb der Türkei zu erkämpfen, noch einen eigenen Staat neben den bestehenden bürgerlichen Staaten der Region und im Rahmen der imperialistischen Herrschaft über diese. Ihre seit dem Höhepunkt der Volksaufstände (Serhildan) zu Beginn der 90er Jahre relativ abnehmende militärische Kraft, genügt nicht, um eine dieser Pseudolösungen zu erzwingen. Unter diesen Umständen und angesichts der strategischen Interessen des Imperialismus an der Aufrechterhaltung der bestehenden Nationalstaaten in der Region - insbesondere des zionistischen Israel einerseits und der mit diesem Staat unterdess auch offen militärisch verbundenen Türkischen Republik unter der Kontrolle kemalistischer NATO-Generäle - gibt es auch keinen diplomatischen Weg. Die Reaktion der europäischen Regierungen auf Öcalans Angebote und seinen Besuch in Italien sowie seine Asylgesuche in Europa haben das deutlich gemacht, und noch deutlicher wird das durch das von Anfang an offene Eintreten der US-Regierung für eine Auslieferung Öcalans an die Türkei. Öcalans Bittbrief an Präsident Clinton vom 24.10.1995, in dem er zunächst die Ansicht, die PKK sei eine klassische kommunistische Partei richtigerweise zurückweist, um sodann "jede Lösung zu akkzeptieren, die uns unsere Identität erhält, wie etwa der Aufbau einer Föderation nach dem Vorbild der USA", hat offensichtlich seine Wirkung verfehlt. Die Ankündigung des sozialdemokratischen Polizeiministers Schilly, PKK-Anhängern nicht nur die deutsche Staatsangehörigkeit zu verweigern, sondern kurdische Militante auszuweisen, was ungeachtet aller späteren Dementis in der Praxis nur bedeuten kann, sie den türkischen Behörden zur Folter oder Ermordung überstellen zu wollen, sind ein weiterer Hinweis. Daß die PKK jedoch aus dieser Erfahrung letztlich nichts lernt, zeigt sich zum einen auch in der bezeichnenden Tatsache, daß sie zwar eine Demonstration vor dem israelischen Konsulat in Berlin durchführte, bezeichnenderweise aber nicht vor Einrichtungen der USA, neben der Türkei selbst der Hauptfeind der kurdischen Nationalbewegung und der PKK, obwohl die Rolle der CIA bei der Entführung Abdullah Öcalans aus Nairobi, wie die PKK auch selbst feststellte, sicher nicht geringer als die des israelischen MOSSAD war. Diese Türe will sie sich offensichtlich nicht verschließen.
Gleichzeitig deutet die Kritik der iranisch-kurdischen Organisation 'Komala', daß die PKK versuche, die iranischen Kurden daran zu hindern, gegen das iranische Regime zu kämpfen, darauf hin, daß die PKK auch in dieser Richtung auf dem Weg ist, dem von ihr in der Vergangenheit stets lautstark verurteilten Beispiel der irakischen KDP und PUK zu folgen und nicht nur taktische Beziehungen zum Feind des Feindes zu unterhalten, sondern das gegebenenfalls auch auf Kosten der legitimen Opposition gegen diesen Feind des Feindes, der kurdischen eingeschlossen.
Wir haben es hier mit einer Politik zu tun, die darin besteht, sich - fast - alle Türen aufzuhalten, Türen allerdings zu Staaten und Regimen, die ausnahmslos Feinde des kurdischen Volkes und ihrer eigenen arbeitenden Bevölkerung sind, während die Klasseninteressen der von diesen - letztlich umsonst umworbenen - Bündnispartner Ausgebeuteten und Unterdrückten für die PKK außer in vollmundigen Erklärungen immer weniger Bedeutung haben.
Die Lage Kurdistans macht es nicht einmal möglich, daß Öcalan in der Türkei einen Hilfssheriff-Job nach dem Vorbild Yassir Arafats erhält, der immerhin von den unter dem Druck der eigenen Massen stehenden arabischen Regime vom Golf bis zum Atlantik unterstützt wird, die überdies auch noch auf reichen Erdölquellen sitzen.
Die einzige realistische Lösung des Kurdenproblems ist die, es in eine revolutionäre Entwicklung in der gesamten Region einzubetten, auf ein freies Kurdistan als Teil einer Föderation der sozialistischen Staaten des Nahen Ostens zu orientieren. Eine solche Lösung kann nur unter der Führung der türkischen, arabischen, persischen und natürlich kurdischen Arbeiterklasse erkämpft werden.
Das oft gehörte Gegenargument, daß es in Kurdistan ja gar keine Arbeiterklasse - mehr - gebe, ist erstens falsch und zweitens von untergeordneter Bedeutung. Es gibt ein zahlenmäßig starkes kurdisches Proletariat in den industriellen Zentren der Türkei außerhalb der kurdischen Gebiete, ein Proletariat, das gerade deshalb überdies eher die unersetzliche Verbindung zur türkischen Arbeiterklasse herstellen kann. Nationalistische Parteien von der Art der PKK können diesen Kampf jedoch nicht anführen.
Daß eine solche Lösung heute nicht auf der Tagesordnung steht, ist nicht zuletzt Folge des Zurückbleibens des subjektiven Faktors hinter der sozio-ökonomischen Entwicklung, die nicht isoliert in Hinblick auf Kurdistan betrachtet werden darf. Für dieses Zurückbleiben ist die PKK mit ihrem bürgerlichen und durch extremen Personenkult um den 'Onkel' (Apo) gekennzeichneten ideologischen Gepäck ebenso verantwortlich wie die übrigen linksnationalistischen kurdischen und türkischen Organisationen, die mit den Traditionen des Stalinismus und anderer Spielarten des Reformismus - bewaffnet oder auch nicht - bis heute nicht wirklich gebrochen haben. Diese Tatsache macht jedoch die Alternativen im Rahmen des imperialistischen Systems nicht im geringsten realistischer.
Umso notwendiger ist es, daß diejenigen, die sich hierzulande als revolutionäre Sozialisten und Kommunisten betrachten, ihre kurdischen Klassenbrüder und -schwestern in ihrem Verteidigungskampf gegen den mit allen propagandistischen Mitteln seitens der Mehrzahl der Presse und der verschiedenen "Reichsrundfunk und -TV-Kanäle" gestützten imperialistischen Angriff nicht alleine lassen, wie es bisher praktisch der Fall ist. Zu diesen Angriffen gehört das fortbestehende PKK-Verbot ebenso wie die Drohungen gegen kurdische Militante und ihre Abschiebung. Sozialisten werden ebenso wenig eine Möglichkeit haben, auf diese Massen langfristig ideologisch einzuwirken, wenn sie in dieser Situation abseits stehen, wie wenn sie die nationalistische Linie der PKK Führung unkommentiert mittragen. Der ideologische Würgegriff, in dem die PKK bis heute die kurdischen Massen hält, wird somit gleichermaßen durch die blinden Unterstützer der bürgerlichen Politik der PKK wie durch die abstentionistische 'Politik' der sogenannten 'antinationalen' Linken und überhaupt praktisch der gesamten Rest-Linken in der BRD gefestigt. Als Folge davon wird der Zugriff des Imperialismus auf Kurdistan ebenso gefestigt wie auf die Arbeiterklasse in den Metropolen. Das gilt umso mehr, wenn die Solidaritätsbewegung solchen linksliberalen Kräften überlassen wird, wie einem Prof. Elmar Altvater, einem britischen Lord Avebury oder einem Tony Benn, dem schweizer Sozialdemokraten Jean Ziegler oder der italienischen Rocksängerin Gianna Nannini, die Mitte März - zweifellos mit Zustimmung der PKK - in Bonn eine internationle Prominenteninitiative unter dem Titel "Freiheit für Abdullah Öcalan - Frieden für Kurdistan" vorstellten und bei dieser Gelegenheit an die europäischen Regierungen - d.h. den mitden USA konkurrierenden Imperialismus - appellierten, doch nach 15 Jahren endlich auch die Kurden mit den gleichen Wohltaten wie die Palästinenser in Madrid, die Bosnier in Dayton und die Kosovaren in Rambouillet zu beglücken. Genau unter dieser Losung marschierten dann am 17.4. in Bonn über 80.000 Kurden und forderten Freiheit für Abdullah Öcalan. In keinem dieser Fälle wurde allerdings das nationale Selbstbestimmungsrecht realisiert, von der Eröffnung einer Perspektive wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Entwicklung für die dort zusammengepferchten 'Verdammten dieser Erde' ganz zu schweigen.
Die Ereignisse seitder Flucht Apos aus Syrien und insbesondere seit seiner Entführung in die Türkei haben erwartungsgemäß auch in den Reihen der ERNK und PKK zu unterschiedlichen Reaktionen geführt, zu einer Verstärkung der Anlehnungsversuche an den Imperialismus ebenso wie zur Betonung des antiimperialistischen und wie auch immer klassenorientierten Erbes der PKK. In diesem Zusammenhang ist der Artikel von Can Yüce, ein seit 1980 inder Türkei gefangener PKK-Kader, aus der pro-PKK-Zeitung "Özgür Politika" interessant (dtsch. Übersetzung in "Kurdistan Rundbrief" Nr.8/99 v.21.4.99), der auf die Versuche der "Mittelklasse" hinweist, die jüngste Entwicklung in ihrem kompromißlerischen Klasseninteresse zu nutzen. Eines der Probleme für derartige Positionen innerhalb der PKK besteht jedoch darin, daß die PKK wie gesagt bislang eine Partei ist, die einem extremen Führerkult huldigt, und daß der "Führer" selbst gerade diese bürgerliche Linie (wenn auch im Interesse, die Partei und die Bewegung zusammenzuhalten, auf widersprüchliche Art und Weise) gerade diese Mittelklasse-Linie repräsentiert.
Nach all dem muß festgehalten werden, daß es im Interesse der betroffenen kurdischen und nicht-kurdischen Werktätigen notwendig und deshalb alleine realistisch ist, für die folgenden Forderungen einzutreten: