In den Vereinigten Staaten und mehreren anderen Ländern ist der Rassismus eine Plage für die Arbeiterklasse. In vielen anderen Teilen der Erde wie auf dem Balkan spielt nationale Unterdrückung eine ähnliche Rolle: sie wird von Demagogen eingesetzt, um arbeitende Menschen gegeneinander aufzuhetzen, um zu verhindern, daß eine vereinte Arbeiterklasse sich den Kapitalisten in einem machtvollen Klassenkampf entgegenstellt, der Unterdrückung und Ausbeutung ein für allemal beenden könnte.
In dieser Epoche des Imperialismus hält sich der Kapitalismus nur wegen seiner Fähigkeit zu unterdrücken, zu spalten und überauszubeuten am Leben. Deshalb ist es von vitaler Bedeutung für jeden Angehörigen der Arbeiterklasse, die kommunistische Strategie zur Beendigung der nationalen Unterdrückung zu verstehen.
Die zentrale marxistische Theorie über die 'nationale Frage' wurde von Wladimir I. Lenin entwickelt, dem Begründer der Partei der Bolschewiki und Führer der russischen Revolution von 1917. Lenin kämpfte sowohl gegen politische Gegner als auch sogar gegen eigene Genossen, um die Vorstellung durchzusetzen, daß die Verteidigung des Rechtes auf nationale Selbstbestimmung eine zentrale Planke in der kommunistischen Plattform ist.
Selbstbestimmung bedeutet das Recht einer unterdrückten Nationalität, sich von dem Staat zu trennen, der über sie herrscht, und entweder einen eigenen Staat zu gründen, oder sich einem anderen Nationalstaat anzuschließen. Sie ist ein bürgerlich-demokratisches Recht, das aber von vorkapitalistischen Herrschern und auch den imperialistischen Mächten in der Epoche des Niedergangs des Kapitalismus zurückgewiesen wird.
Lenins wichtigstes Ziel war die Einheit der Arbeiterklasse innerhalb der nationalen Grenzen und zwischen fortgeschrittenen und kolonialisierten Ländern. Er trat nicht für Sezession als allgemeine Regel ein: das hing von der konkreten Situation ab. Im Tiefsten ein marxistischer Zentralist betonte er die Vorteile großer Staaten mit integrierten industriellen und finanziellen Verbindungen. Dennoch: wenn das Proletariat die kolonialen Massen auf seine Seite ziehen wollte, mußte das Recht unterdrückter Nationen, sich loszutrennen, verteidigt werden.
Lenin betonte auch, daß revolutionäres Bewußtsein und nationaler Chauvinismus unvereinbar sind. Die Verteidigung der Rechte unterdrückter Völker war auch ein lebenswichtiges Element im Kampf gegen den Chauvinismus innerhalb der Arbeiterklassen der imperialistischen Länder.
So würden die Arbeiter und Bauern in den unterdrückten Ländern im Zuge ihres Kampfes sehen, daß die Arbeiter in den imperialistischen Ländern ihre Verbündeten, und daß ihre nationale Bourgeoisie - nicht nur die Imperialisten - ihre Feinde sind. Das Recht auf Selbstbestimmung vorzubringen, könnte eine Öffnung für den Klassenkampf innerhalb des unterdrückten Landes bewirken, so daß die einheimischen Kapitalisten nicht länger ihre eigene Rolle als Ausbeuter hinter der offensichtlichen Ausbeutung und politischen Beherrschung durch die Imperialisten verstecken könnten.
Nach der bolschewistischen Revolution und dem weiteren Horizont, den sie für antikoloniale Kämpfe überall in der Welt eröffnete, betrachtete Lenin für Asien und Afrika die Unabhängigkeit positiver als zuvor; sie war ein Weg zur internationalistischen Einheit der Werktätigen im Kampf gegen den Imperialismus.
Wie Marx sah Lenin die Nation als einen historisch notwendigen und progressiven Schritt in der Entwicklung des Kapitalismus. Vor dem ersten Weltkrieg betonte er die Notwendigkeit für die unterdrückten Nationen, die Schranken vorkapitalistischer Verhältnisse zu überwinden. Die Konsolidierung bürgerlicher Nationalstaaten würde die größtmögliche Ausdehnung und höchste Stabilität für die Akkumulation von Kapital und eine weitere Entwicklung der Produktivkräfte, einschließlich der Arbeiterklasse selbst, ermöglichen. Ein Stadium war notwendig, in dem das Proletariat für Selbstbestimmung als Teil eines Ringens um 'eine konsequente Demokratie' kämpfen würde.
Ein solches Stadium war jedoch nie ein Ziel an sich. Der Klassenkampf blieb die wichtigste Sache. Er bestimmte darüber, ob die Verteidigung der Selbstbestimmung in einer gegebenen Situation angemessen war. Lenin empfahl ein Bündnis des Proletariats in den entwickelten kapitalistischen Ländern mit den Massen in den Kolonien und Halbkolonien, die zunächst unter der Führung bürgerlicher Nationalisten standen. Die proletarische Revolution in den entwickelten Ländern, die potentiell in der Lage waren, eher Überfluß zu erzeugen als die unterentwickelten, war das Hauptziel. Aber die in der kolonialen Welt heraufziehenden Revolutionen konnten sich als ausschlaggebend für die Zerschlagung des globalen Zugriffs des reaktionären bürgerlichen Systems erweisen, das sich schon überall hin verbreitet hatte.
Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs kam Lenin zu dem Schluß, daß der Kapitalismus in seine Epoche des Niedergangs eingetreten sei - einer Epoche der Revolution und des Übergangs zum Sozialismus, aber auch der Konterrevolution und der imperialistischen Kriege für die Neuaufteilung der Welt. Das hauptsächliche Hinderniß, das der Arbeiterklasse entgegenstand, war nicht länger der vorkapitalistische Feudalismus, sondern der kapitalistische Imperialismus. Die Produktivkräfte in den entwickelten Ländern - an erster Stelle das Proletariat - waren nun entwickelt genug, so daß der Kapitalismus vollständig für die sozialistische Revolution reif war; der potentielle Überfluß könnte über die ganze Welt verteilt werden.
Lenin betonte immer weiter die Wichtigkeit des Kampfes für bürgerlich-demokratische Rechte als ein Mittel, durch das - mit der Zeit - die gesamte bürgerliche Ära in der menschlichen Entwicklung durch die sozialistische Revolution überschritten werden könnte. Die Idee des demokratischen Kampfes als eine eigenständige Stufe jedoch machte immer mehr dem Primat der sozialistischen Revolution als Mittel zur Erfüllung der demokratischen Forderungen Platz. Dadurch wurde die Basis für die bolschewistische Revolution von 1917 gelegt. So schrieb er beispielsweise 1915 einen Absatz, der der Theorie Trotzkis von der permanenten Revolution nahekommt. "Wir müssen umgekehrt den revolutionären Kampf gegen den Kapitalismus mit dem revolutionären Programm und mit der revolutionären Taktik in bezug auf alle demokratischen Forderungen verbinden: die Forderung der Republik, der Miliz, der Wahl der Beamten durch das Volk, der gleichen Rechte für Frauen, der Selbstbestimmung der Nationen usw. Solange der Kapitalismus fortbesteht, sind alle diese Forderungen nur ausnahmsweise und zudem nicht vollständig, nur verstümmelt zu verwirklichen. Indem wir uns auf die schon verwirklichte Demokratie stützen, indem wir die Unvollständigkeit derselben unter dem Kapitalismus entlarven, fordern wir die Niederwerfung des Kapitalismus, die Expropriation der Bourgeoisie, als eine notwendige Basis für die Abschaffung des Massenelendes sowie für die volle und allseitige Durchführung aller demokratischen Umgestaltungen." (Das revolutionäre Proletariat und das Selbstbestimmungsrecht der Nationen. in: LW Bd.21, S.415)
Der Kampf für das Recht auf Selbstbestimmung ebenso wie für andere demokratische Forderungen sollte dazu dienen, das Proletariat zu befreien, zu erziehen und politisch zu vereinigen - sowohl außerhalb der unterdrückten Nation wie innerhalb derselben. Im Laufe des Kampfes und unter Führung von Marxisten würden die Grenzen des Kapitalismus offenkundig werden. Das Proletariat, das sich innerhalb der kolonialen und halbkolonialen Länder entwickelte, könnte geführt von der bereits reifen Arbeiterklasse der fortgeschrittenen kapitalistischen Länder den Weg der sozialistischen Revolution wählen. Der Kampf für Demokratie und Gleichheit war auch ein Mittel, um die Unterstützung der Bauernschaft zu gewinnen, ein kritischer Faktor vor allem in den Kolonien und Halbkolonien.
Da der Sozialismus international auf der Tagesordnung stand, war die nationale Entwicklung des Kapitalismus in der kolonialen Welt durch antikoloniale Kämpfe nunmehr nur noch relativ fortschrittlich. Es war für den menschlichen Fortschritt nicht länger von Nöten, daß die sich entwickelnden Kapitalisten einen sie schützenden Nationalstaat hatten, um es ihnen zu ermöglichen, einen größeren Anteil an der Ausbeutung der Arbeiter und Bauern zu Hause an sich zu reißen.
Im Gegensatz zu den nationalen Bourgeoisien bedeutete Nationalismus für die Massen, die besseren Bedingungen zu bekommen, die wie sie sehen konnten die Angehörigen der imperialistischen Nationen genossen. Aber wirtschaftlich nicht lebensfähige Nationen, wie sie von der imperialistischen Herrschaft produziert wurden, konnten unmöglich solche Gleichheit schaffen. Deshalb mußten Kommunisten ihre Opposition zur Falle des Nationalismus selbst betonen. Sie mußten die Widersprüche zwischen dem Nationalismus der Bourgeoisie und dem vorübergehenden Nationalismus der Massen hervorheben, damit sein Gegenteil, internationalistisches Bewußtsein, wachsen könnte.
Die antikolonialen Revolutionen könnten sich mit sozialistischen Arbeiterklassen im West durch einen gemeinsamen Kampf gegen den Hauptfeind, den Imperialismus, vereinigen. Lenin sah die nationale Unabhängigkeit als ein politisches Ziel, das von den Kolonialvölkern erreicht werden könnte. Das war eine seiner Meinungsverschiedenheiten mit Rosa Luxemburg über die nationale Frage. Er stimmte ihr darin zu, daß eine wirkliche wirtschaftliche Unabhängigkeit in der Epoche des Imperialismus unmöglich sei; neue bürgerliche Nationalstaaten seien als Mittel zu einer wirklichen Unabhängigkeit nicht zu gebrauchen. Für Lenin war jede auch nur flüchtig progressive Bedeutung, die das nationale Gefühl beiden kolonialen Massen behalten hatte, auf die Tatsache zurückzuführen, daß das eine Form ihres politischen Erwachens war.
Das Recht eines unterdrückten Volkes auf Selbstbestimmung ist ein Prinzip. Aber für Marxisten sind alle bürgerlich-demokratische Rechte dem übergeordneten Prinzip des revolutionären Kampfes der internationalen Arbeiterklasse unterworfen. Prinzipien sind natürlich nicht überhistorisch oder unveränderlich; aber wenn sie zurückgestellt werden, dann kann das nur für einen Augenblick und mit entsprechender Vorbereitung geschehen, weil dieser Schritt Folgen haben wird, gegen die man sich vorsehen muß.
Um zusammenzufassen: Lenin sah die Verteidigung des Rechtes auf Selbstbestimmung als eine prinzipielle programmatische Waffe, die dazu dienen sollte zu helfen, revolutionäres sozialistisches Bewußtsein zu erlangen. In Situationen, wo die Unabhängigkeit wünschenswert war, meinte Lenin zu Anfang, daß die Entwicklung neuer bürgerlicher Nationalstaaten progressiv im Vergleich mit den vorkapitalistischen Gegebenheiten sei. Später, als sich die neue Epoche entwickelte, betonte er, daß das nationale Bewußtsein in kolonialen Ländern in dem vorübergehenden Sinn progressiv sei, daß es bei den Massen politisches Bewußtsein von der Notwendigkeit, den gemeinsamen imperialistischen Feind zu bekämpfen, wecke.
Diese Anschauungen machten Lenin niemals zu einem Nationalisten, ebensowenig wie Marx dadurch zum Kapitalisten und Nationalisten geworden war, daß er die bürgerlich nationale Entwicklung gegen den Feudalismus unterstützte. Marx und Lenin gaben nationalen Bewegungen nur vorübergehende Unterstützung, selbst wenn sie sie als notwendig und fortschrittlich betrachteten. Sie waren nur ein Mittel für ihr wirkliches und offen genanntes Ziel, proletarischen Internationalismus.
Für Marx, Engels, Lenin und Trotzki war die Verteidigung des Selbstbestimmungsrechts letztlich ein Mittel, eine jede fremde Klassenkraft bloßzustellen und jede probürgerliche Antwort auf das Verlangen der Massen nach Gleichheit und einem anständigen Leben zu entlarven. Nur die vom Proletariat geführte sozialistische Revolution könnte die enormen Probleme lösen, mit der die Menschheit konfrontiert war.
Im weitesten aber grundlegendsten Sinn haben die Bolschewiki deshalb die Waffe der nationalen Selbstbestimmung benutzt, um ein fundamental antinationales Ziel zu erreichen. Sie war ein Mittel, um Massen davon zu überzeugen, daß Nationalismus und die Schaffung von Nationen grundlegend Sackgassen waren, und daß die proletarische sozialistische Revolution die wahre Antwort ist. Die Grenze zwischen den demokratischen Hoffnungen der Massen und den nationalistischen Zielen ihrer bürgerlichen Irreführer waren in aktuellen Kämpfen manchmal schwer zu ziehen, aber genau das war absolut notwendig.
Lenin und Trotzki waren zu Beginn des 20. Jahrhundert Assimilationisten (Integrationisten), genau wie Marx und Engels vor ihnen. (Marx hatte z.B. die Tschechen aufgefordert, die Reste ihrer eigenen Sprache und Kultur aufzugeben und deutsch zu werden.) In Osteuropa und anderswo wurden neue Nationalitäten innerhalb der Grenzen verschiedener Staaten geformt. Als Zentralisten hofften sie, daß die neuen Staaten so groß und einschließend wie möglich sein und die Myriade von immer weiter unterteilten winzigen Gruppierungen von Völkern, die im ganzen Balkan und im slavischen Osteuropa existierten, verschmelzen lassen würden. Der Prozeß der Entwicklung der bürgerlichen Revolution verlangte, daß Nationalstaaten diese verstreuten Völker zu gleichförmigeren Nationen machen würden, wie das in Westeuropa geschehen war.
Das zentralistische Ziel der Marxisten blieb in der neuen Epoche des Imperialismus bestehen, selbst wenn Umwege nötig waren. Für das Recht auf nationale Selbstbestimmung einzutreten, bedeutete nicht, eine Vielzahl von Nationalstaaten zu schaffen, sondern vielmehr den unterdrückten Massen zu beweisen, daß das Proletariat in den herrschenden Ländern ihre Rechte verteidige. Nur diese Verteidigung machte die internationalistische Einheit der Arbeiterklasse möglich.
Selbstbestimmung ist das Recht einer unterdrückten Nationalität, sich abzuspalten; andere demokratische Rechte gelten für nicht-nationale Gruppen. Aber was ist eine Nation?
Die Begriffe, die wir heute benutzen, um verschiedene Völker zu beschreiben, haben sich über die Zeiten geändert. 'Rasse', 'Nation', 'Nationalität' und 'Kaste' hatten bestimmte unterschiedliche Bedeutungen, wurden aber auch gleichermaßen von normalen Leuten wie von Wissenschaftlern und von Marxisten als untereinander austauschbare Begriffe benutzt. Marx sprach sogar manchmal vom Proletariat als 'Rasse'. Lenin und Trotzki wiesen beide, um ein anderes Beispiel zu geben, auf die 'deutsche Nation' hin und meinten damit die nationale Zugehörigkeit, und auf die 'deutsche Rasse' und meinten damit das gleiche. In einem Aufsatz über nationale Selbstbestimmung spricht Lenin vom jüdischen Volk in Polen als einer 'Kaste' - und ein paar Seiten weiter als einer Nation. Dennoch war er gegen das Recht auf Selbstbestimmung für die Juden, weil sie keine eigenständige Nation getrennt von der polnischen oder der russischen Nation waren.
Es wäre ein Fehler, die Austauschbarkeit der Begriffe, wie sie unsere Vorläufer benutzten, nur als eine Angelegenheit von Konfusion oder mangelnder Präzision zu sehen, obwohl es diesen Aspekt wohl gab. Die Wirklichkeit selbst war 'unpräzise'. Rasse/Rassismus und Nation/nationaler Chauvinismus waren Kreationen des frühen Kapitalismus (s. Unsere Broschüre Marxism, Interracialism and the Black Struggle). Der Prozeß des Zusammenschweißens verschiedener Gruppen von Menschen unter diesen Rubriken war im größten Teil der Welt weit davon entfernt, abgeschlossen zu sein - sowohl dem Empfinden der betroffenen Menschen wie auch dem äußerer Beobachter nach. Marxisten entschieden nicht schon vorher, daß solche Gruppen unvermeidlich zu festen Nationen, Rassen, Kasten, Ethnien oder Nationalitäten werden, wie wir sie heute kennen. Deren relative Festigung verlief parallel zur Herausbildung und Entwicklung des Imperialismus.
Unter Lenins Aufsicht gab Stalin das, was später als die klassische marxistische 'Definition' einer Nation betrachtet wurde: "eine historisch entstandene stabile Gemeinschaft von Menschen, entstanden auf der Grundlage der Gemeinschaft der Sprache, des Territoriums, des Wirtschaftslebens und der sich in der Gemeinschaft der Kultur offenbahrenden psychischen Wesensart." (Stalin Werke, Bd.2, S.272). Trotzki bekannte sich auch zu dieser Definition. Aber eine solche Definition muß als Modell genommen werden, als eine Abstraktion; sie war eine notwendige Norm, wenn die Realität des Prozesses der Nationsbildung verstanden werden wollte. Der sich historisch entfaltende Prozeß konnte nicht durch eine Definition in der Zeit eingefroren werden. Die wichtigste konkrete Frage war das sich entwickelnde Bewußtsein des jeweiligen Volkes. Betrachtete ein unterdrücktes Volk das Territorium, auf dem es lebte, als seine nationale Heimat? Die Juden beispielsweise, die im Pale lebten, betrachteten dieses Gebiet nicht als ihre besondere Heimat, sondern als Teil Polens, in dem sie seit dem 13. Jahrhundert gelebt hatten.
In den späten 30er Jahren brachte Trotzki die Idee des sich historisch entwickelt habenden Bewußtseins als Grundlage für die Beurteilung der Frage vor, ob die Schwarzen im amerikanischen Süden eine Nation werden würden. Als der große Kampf, den er vorhergesehen hatte, schließlich ausbrach, erwartete er, daß sich ein nationales Bewußtsein entwickeln werde. Seine Methode, die ihre Wurzeln in der russischen Erfahrung hatte, war richtig, obwohl sein aktuelles Verständnis vom Bewußtsein und der zukünftigen Richtung der Schwarzen im 'Black Belt' falsch war.
Um zusammenzufassen: 1. Um festzustellen, ob Selbstbestimmungsrechte anwendbar sind, ist ein konkretes Verständnis des territorialen Verständnisses der Gruppe und der wahrscheinlichen Entwicklungsrichtung der politischen Ereignisse vonnöten; 2. Wir können nicht fatalistisch davon ausgehen, daß eine unterdrückte Gruppe nationales Bewußtsein entwickeln wird oder sollte.
Um diese Punkte weiter deutlich zu machen, können wir uns die kolonialen Revolutionen nach dem Zweiten Weltkrieg ansehen, die die Frage der Selbstbestimmung für eine Reihe entstehender afrikanischer Staaten stellte, in denen die nationale Identifikation schwach ausgeprägt war. In vielen afrikanischen Ländern, wie auch in Indien, gab es keine gemeinsame Sprache und Kultur. Die Aufteilungen, die der Imperialismus erzeugt hatte, waren aber durchaus real. In den jeweiligen Ländern existierte ein gewisses Maß an wirtschaftlicher und politischer Integration; in Verbindung mit den allgemeinen historischen Trends führte das zu einem gewissen Maß an nationalem Bewußtsein. Das zusammen mit einer marxistischen Einschätzung der allgemeinen Richtung des internationalen Klassenkampfes bestimmte unsere Verteidigung des Rechtes auf Selbstbestimmung im Fall der nationalen Befreiungskämpfe.
Innerhalb dieser nachkolonialen Nationen gab es natürlich viele ethnische Differenzen. Es wäre jedoch falsch gewesen (mit bestimmten eng begrenzten Ausnahmen), diese Unterschiede als legitime Grundlage für getrennte Nationen zu nehmen; das hätte direkt in die Hände der Imperialisten gespielt. Der Imperialismus hat, oft erfolgreich, versucht, die Unterdrückten gegeneinander auszuspielen und zu unterwerfen, indem er Differenzen instrumentalisierte, die durchaus existierten, aber nicht notwendigerweise im Bewußtsein der Menschen selbst eine derartige Rolle spielen mußten.
Die Region des Balkans, der spät zum Kapitalismus mit einer stark deformierten bürgerlich revolutionären Entwicklung kam, ist wie Afrika und Indien sprachlich und kulturell weitaus stärker atomisiert als der Westen. Unter der Bedingung der Abwesenheit des revolutionären Internationalismus ist der Atomisierungsprozess jetzt erneut in Gang gekommen - und das auch in Westeuropa. Auch im Balkan würde, wenngleich es notwendig ist, das Recht unterdrückter Völker zu verteidigen, eine Politik der Freikarte zur Selbstbestimmung jeder winzigen Gruppe nur unnötige Spaltungen innerhalb des Proletariats vertiefen. Schlimmer noch: wenn eine solche Politik auch auf nicht-unterdrückte Völker angewandt würde, wären die Folgen katastrophal.
Wir treten fest für das Recht unterdrückter Völker auf Selbstbestimmung ein - dort, wo diese Nationalität durch die Geschichte und die Entwicklung der bewußten Verbindung eines Volkes zu einem als national verstandenen jeweiligen Territorium bestimmt ist. So ist beispielsweise das nationale Bewußtsein der Kosovaren klar, gleich ob sie ein unabhängiges Kosovo oder eine Vereinigung mit Albanien bevorzugen. Für die meiste Zeit, seit die Großmächte das Kosovo mit seiner albanischen Bevölkerungsmehrheit dem serbischen Königreich statt Albanien während des diplomatischen Gezerres zur Zeit des Balkankrieges von 1912-13 überantworteten, hatte Serbien die albanischen Kosovaren unterdrückt. Wie das vor sich ging, darüber schrieb Leo Trotzki, der damals dort Kriegskorrespondent war, 1913: "..., daß die Bulgaren in Mazedonien und die Serben in Altserbien - in ihrem nationalen Bestreben, die für sie nicht unbedingt günstigen Daten der ethnographischen Statistik zu korrigieren - schlicht und einfach die muslimische Bevölkerung in den Dörfern, Städten und Provinzen ausrotten wollen?" (Die Balkankriege, Essen 1995, S.319). Für die Kosovo-Serben gilt die nationale Selbstbestimmung auf der anderen Seite nicht, weil sie kein unterdrücktes Volk sind, sondern Teil der serbischen Nation als ganze. Marxisten verteidigen natürlich die demokratischen und menschlichen Rechte der serbischen Minderheit innerhalb eines unabhängigen oder albanischen Kosovo. Aber das Argument, daß das Kosovo "schon immer serbisch" war, ist gleichermaßen historisch falsch wie irrelevant für das Bewußtsein der großen Mehrheit der Bevölkerung. Außerdem bedient es die spalterischen imperialistischen Manipulationen.
Während des Kosovo-Kriegs argumentierten einige auf der Linken, daß die albanische Kapitulation gegenüber der NATO das Recht auf nationale Selbstbestimmungdes Kosovo hinfällig gemacht habe. Die 'Spartacist League' (1) ist hier am deutlichsten. So erklärte, sie habe das Recht der Kosovaren, einen unabhängigen Staat zu gründen, verteidigt "bis die ethnisch albanische Kosovo Befreiungsarmee ...nichts weiter als ein Pfand für die imperialistischen Kriegsziele der NATO wurde." (Workers Vanguard, 2.4.99). Während das durchaus ein legitimer Grund dafür wäre, der UCK militärische Unterstützung (2) zu verweigern, ist die Verweigerung des nationalen Selbstbestimmungsrechts eine ganz andere Sache.
Um ihrer Rückweisung des Selbstbestimungsrechts die Weihen marxistischer Tradition zu verleihen, haben die 'Spartacists' behauptet, Lenin hätte während des Ersten Weltkriegs Polens Recht, sich vom zaristischen Rußland zu trennen, verneint. Sie schreiben: "Im Kontext des Krieges zwischen Imperialisten hat Lenin richtigerweise argumentiert, daß Aufrufe für Polens Unabhängigkeit nur als ein 'demokratischer' Deckmantel für den deutschen Imperialismus dienen könnten." (Workers Vanguard, 28.5.99)
Das ist eine typische Spartacist-Verdrehung. Lenin hat in der Tat davor gewarnt, daß die Aufrufe der polnischen Nationalisten für Unabhängigkeit während des Krieges dem Imperialismus, dem deutschen wie dem russischen, dienten. Er schrieb: "Die Lage ist zweifellos sehr verwirrt, aber es gibt aus ihr einen Ausweg, bei dem alle Beteiligten Internationalisten bleiben: die russischen und die deutschen Sozialdemokraten, indem sie die bedingungslose Freiheit der Lostrennung Polens verlangen, und die polnischen Sozialdemokraten, indem sie für die Einheit des proletarischen Kampfes in einem kleinen und den größeren Ländern kämpfen, ohne für die gegebene Epoche oder die gegebene Periode die Losung der Unabhängigkeit Polens aufzustellen." (Die Diskussion über das Selbstbestimmungsrecht zusammengefaßt, Juli 1916, LW Bd. 22, S.359).
Die 'Spartacists' glauben, daß Marxisten, um das Recht eines Volkes auf Selbstbestimmung zu verteidigen, mit deren Entscheidung für die staatliche Unabhängigkeit übereinstimmen müßten. Lenins Bemühungen, die Massenbasis von den nationalistischen Irreführern zu trennen, wird so nur ein Mittel, um diesen Irreführern hinterherzulaufen. Und wenn die 'Spartacists' nicht einverstanden sind, dann geben sie die Verteidigung des demokratischen Rechtes auf, und das führt unvermeidlich dazu, den Unterdrückern hinter-herzulaufen. Das war in der Tat Lenins Punkt als er während des Krieges vehement für das Recht der Polen (und anderer) auf Selbstbestimmung eintrat. Hier eines von verschiedenen Beispielen: "Wenn die englischen Sozialisten Irlands Recht auf Lostrennung nicht anerkennen und nicht verfechten, wenn die Franzosen dem italienischen Nizza, die Deutschen Elsaß-Lothringen, dem dänischen Schleswig und Polen, die Russen Polen, Finnland, der Ukraine usw., die Polen der Ukraine dieses selbe Recht nicht zugestehen, wenn alle Sozialisten der 'großen', d.h. der Räubereien verübenden Mächte, eben dieses Recht den Kolonien nicht zugestehen, so gerade darum und nur darum, weil sie in Wirklichkeit keine Sozialisten, sondern Imperialisten sind." (Die Frage des Friedens, Juli-August 1915. LW Bd.21, S291)
Das gleiche kann man von den amerikanischen Sozialisten sagen, die nicht das Recht des Kosovo auf Selbstbestimmung verteidigen, besonders da dieses Recht heute vom US-Imperialismus verneint wird.
Selbstbestimmung wird von den Imperialisten selten ohne die Drohung mit einem harten politischen und militärischen Kampf gewährt. Wenn der nationale Kampf von bourgeoisen oder kleinbürgerlichen Führungen kontrolliert wird, dann sind ganz präzise Taktiken notwendig. Leninisten benutzen die Taktik der 'militärisch-technischen Unterstützung' bei der Verteidigung einer nicht-kommunistischen Führung, die gegen den gleichen Unterdrücker kämpft. Das kann bedeuten, es dieser Führung zu ermöglichen, Waffen und andere taktische Hilfe von wo auch immer zu bekommen. Das heißt, daß für einen bestimmten Moment Kommunisten und Nicht-Kommunisten - jeder aus seinem eigenen Grund - ihre Gewehre (wörtlich oder im übertragenen Sinn) nicht aufeinander sondern gegen einen gemeinsamen Feind richten.
Militärische Unterstützung für eine nicht-proletarische Führung heißt, daß wir keine politische Übereinstimmung mit ihr haben. Leninisten haben in diesem Jahrhundert militärische Unterstützung geleistet für den russischen konterrevolutionären 'Sozialisten' Kerensky gegen den zaristischen General Kornilov, für den reaktionären äthiopischen Kaiser Haile Selassie gegen den italienischen Imperialismus, für den mörderischen Tschiang Kaischek in China gegen den japanischen Imperialismus, für den blutrünstigen General Galtieri von Argentinien gegen den britischen Imperialismus und für den kriminellen Saddam Hussein gegen den US/UN-Imperialismus--um nur eine Handvoll von Feinden der Arbeiterklasse zu nennen, die einen historischen Augenblick lang gezwungen waren, auf der richtigen Seite zu kämpfen. Ebenso können wir in einer entsprechenden Situation der UCK oder dem Milosevic-Regime militärische Unterstützung gegen den im Augenblick dominierenden Unterdrücker gewähren. Sie sind nichts weiter als die unwilligen und sehr zeitweiligen 'Verbündeten' der Massen.
Da militärische Unterstützung im beschriebenen Sinn keinerlei politische Unterstützung impliziert, sprechen wir manchmal von unserer Politik als einer der 'militärischen aber nicht politischen Unterstützung'. Aus diesem Grund rufen wir allgemein nicht zum 'militärischen Sieg' nicht-proletarischer Elemente auf, wenn das bedeuten würde, sie dabei zu unterstützen, die Staatsmacht zu erobern oder Unterstützung für ihre Kriegsziele. Die Wichtigkeit dieser Unterscheidung mag man abermals am Beispiel der 'Spartacists' sehen, die sich für einen militärischen Sieg der FMLN in El Salvador einsetzten und damit dafür, daß eine klassenkollaborationistische Front die Staatsmacht erringt; wir hingegen traten nur für militärische Unterstützung, für die Niederlage des Imperialismus ein (s. Socialist Voice Nr.14). Die am Schwanz einer klassenfremden Kraft hängenden 'Spartacists' billigten in der Tat eine Volksfront-Koalition, die sich bemühte, einem proimperialistischen Regime die Staatsmacht zu entreißen. Wirkliche Marxisten aber lehnen die Klassenkollaboration ab und geben keiner kapitalistischen Regierung Unterstützung.
In gewissen anderen Situationen wie dem Krieg zwischen der NATO und Serbien waren wir für einen militärischen Sieg über den Imperialismus--weil der Begriff hier nur Niederlage des Imperialismus implizierte und nicht, einen neuen bürgerlichen Konkurrenten im Staat an die Macht zu bringen. Ein Sieg mag im Ergebnis Milosevic an der Macht halten, aber insbesondere angesichts der politischen Uneinigkeit in Serbien war das nicht garantiert und auch nicht unsere Absicht. (Unsere Unterstützung für das Selbstbestimmungsrecht der Kosovaren richtete sich eindeutig gegen Milosevics Kriegsziele).
Es kann sein, daß wir aus Mangel an Ressourcen keine reale militärische oder technische Unterstützung geben können. Dann wird der Slogan eine Propaganda-Parole, ein Mittel, um damit zu beginnen, genügend Arbeiter von unserer Methode zu überzeugen, so daß in Zukunft greifbarere Angebote militärischer Unterstützung möglich werden.
Wir betonen, daß wir militärische Unterstützung dann geben, wenn die verräterischen Irreführer den Unterdrücker real bekämpft. Wir unterstützen nur jene militärischen Schläge, die gegen den gemeinsamen Feind gerichtet sind. Wie Trotzki klar machte als er sich für militärische Unterstützung für die bürgerliche Republik gegen Franco's Faschisten im spanischen Bürgerkrieg einsetzte, wissen wir, daß viele der Waffen, die wir schicken, vielleicht gegen uns und die Massen eingesetzt werden. Aber in einer akuten Notlage, die unsere Hilfe verlangt, haben wir keine andere Wahl als ein sehr reales Risiko auf uns zu nehmen.
Es gibt spezifische Umstände wie den, in dem die Bolschewiki der Provisorischen Regierung Kerensky's militärische Unterstützung gaben obwohl die Irreführer den Feind nicht wirklich bekämpften. Ein entscheidendes Merkmal der Taktik der militärischen Unterstützung besteht wie auch bei der Verteidigung des Selbstbestimmungsrechts darin, die falschen Führungen vor ihrer Massenbasis zu entlarven. Die militärische Unterstützung durch die Bolschewiki diente denn auch in der Tat dazu, den Arbeitern von Petersburg zu zeigen, daß sie und nicht die Provisorische Regierung die Massen und ihre Räte verteidigten.
Das Mittel der militärischen Unterstützung ist in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg häufiger eingesetzt worden. Die internationale Arbeiterklasse erlitt wegen der sozialdemokratischen und stalinistischen Verrätereien Niederlagen, darunter die der Unterdrückung der Arbeiterrevolten unmittelbar nach dem Krieg. Deshalb waren die Arbeiter mit Revolutionen der Unterdrückten konfrontiert, die im allgemeinen unter Führung von prokapitalistischen Irreführern standen; militärische Unterstützung ist ein wichtiges taktisches Mittel gewesen, um in Kämpfe für nationale Selbstbestimmung einzugreifen.
Angesichts ihres Wesens mögen die Führungen der nationalen Kämpfe sehr wohl Abmachungen mit den Imperialisten treffen. Es ist dann notwendig, einzuschätzen, ob es die Imperialisten sind, die die Ergebnisse des Kampfes bestimmen. Zum Beispiel: obwohl Kuba Hilfe von Rußland erhielt und wirtschaftlich an den Imperialismus gebunden war, erlaubte es das konkrete Kräfteverhältnis auf internationaler Ebene der UdSSR nicht, Kuba als halbkoloniales Faustpfand zu behandeln. Als deshalb die USA 1961 auf Kuba eine Invasion versuchten (und auch bei allen folgenden Angriffen), traten wir für die Verteidigung Kubas und die Niederlage der USA ein. Das gleiche galt für den Krieg der USA gegen Vietnam, und ebenso stellten wir unsere militärische Unterstützung für den Kampf gegen die Apartheid nicht ein, obwohl der ANC in Südafrika konkrete Unterstützung seitens einer Reihe von europäischen imperialistischen Mächten erhielt.
Dennoch verlangen einige Situationen durchaus das Zurückziehen militärischer Unterstützung--wenn nämlich die Führung in der Tat ihren Kampf den Zielen eines imperialistischen Blocks untergeordnet hat. Das war der Fall mit der bosnischen Führung 1995 (s. PR 50), und mit der kosovo-albanischen Führung (sowohl der Rugowas als auch der der UCK) im Kampf gegen das serbische Regime (PR 57). Wir haben unsere Unterstützung in dem Augenblick eingestellt, als die UCK effektiv zu einer Hilfstruppe der NATO wurde.
Es blieb jedoch weiter notwendig, die militärische Verteidigung des kosovarischen Volkes gegen die 'ethnischen Säuberungen' seitens der Serben zu unterstützen. Wir akzeptierten auch militärische Unterstützung für UCK-Kräfte, die speziell Zivilisten gegen serbische Angriffe verteidigten. Das nicht zu tun, hätte bedeutet, auf die Seite der Unterdrücker überzuwechseln. Da es aber keine anti-serbischen bewaffneten Kräfte gab, die nicht der NATO und dem Imperialismus untergeordnet waren, sind wir für die allgemeine militärische Verteidigung der serbischen Kräfte gegen die UCK eingetreten, als diese auf der Seite der NATO kämpfte. Im Kampf ist manchmal die Grenze alles andere als klar, aber Marxisten müssen lernen, solche konkreten Festsetzungen zu treffen.
In einigen Situationen gibt es verschiedene Organisationen, die behaupten, die Massen zu führen. Wenn es mehr als eine Führung gibt, der konkrete militärische oder technische Hilfe gegeben werden könnte, dann würde unsere Hilfe natürlich an Organisationen der Arbeiterklasse gehen, wenn welche existieren. Im Kampf in Nikaragua gegen die von den USA unterstützte Contra traten wir dafür ein, Hilfe lieber an die Gewerkschaften Nikaraguas zu schicken als an die bürgerliche Sandinista-Regierung. In der angolesischen Erhebung gegen den portugiesischen Imperialismus 1975 unterstützten wir militärisch eher die MPLA als die UNITA (s. Socialist Voice No.1). Diese Entscheidung fand nicht auf der Basis irgendeiner politischen Übereinstimmung statt, sondern, weil wir einschätzten, daß es damals die MPLA war, die wirklich gegen den Imperialismus kämpfte.
Milit& 3228rische Unterstützung ist eine begrenzte Taktik; die Unterstützung des Rechtes auf Selbstbestimmung ist gleichermaßen eine Taktik auf einer höheren Ebene und ein Prinzip. Taktiken auf dem Schlachtfeld des Klassenkampfes sind im allgemeinen variabel und flexibel. Prinzipien sind Richtlinien für die Aktion, keine für alle Ewigkeit in Stein gemeißelten abstrakten Moralgrundsätze. Nichtsdestoweniger hat die Geschichte gezeigt, daß sie nur in seltenen Ausnahmefällen verletzt werden sollten--und das auch nur mit großer Vorsicht und offenen Warnungen davor, daß die Folgen überaus riskant sind.
Zusammengefaßt: was unsere Bereitschaft leitet, in Kämpfen für nationale Selbstbestimmung militärische Unterstützung zu geben, ist der Stand und die Richtung des allgemeinen weltweiten Klassenkampfes gegen den Imperialismus. Wir bestimmen unsere Taktik und Prinzipien--und wann und ob sie angewandt werden sollen--vor allem in Hinblick auf unsere grundlegendes strategisches Ziel der sozialistischen Revolution. Fördert eine Haltung unsere Fähigkeit, unsere Klasse zu verteidigen und ihr Bewußtsein in den unterdrückten Nationen und denen der Unterdrücker, in der Region und weltweit, zu heben? Hilft es, schließlich und endlich, die Avantgarde proletarischen Bewußtseins, die authentische Vierte Internationale, wiederzuerschaffen?
(aus: Proletarian Revolution No. 59, New York, Summer 1999)
(1) in der BRD die 'Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands' (SpAD) Rückkehr
(2) zum Begriff der militärischen im Gegensatz zur politischen Unterstützung s. die folgenden Kapitel Rückkehr