Die 'Gruppe Demontage' - antinational oder kommunistisch?

Die 'Gruppe Demontage' - inzwischen vorallem durch ihr Buch "Postfordistische Guerilla - vom Mythos nationaler Befreiung" bekanntgeworden - bezeichnet sich selbst als eine "antinationale, kommunistische Gruppe". Wir sind jedoch nicht nur der Auffassung, daß beides gleichzeitig ohnehin nicht möglich ist, sondern wir glauben auch, den Beweis dafür liefern zu können, daß sie keine 'kommunistische' Gruppe ist.

Als 'kommunistisch' bezeichnen wird in der marxistischen Tradition die Kräfte, die für die Selbstbefreiung der Arbeiterklasse, d.h. aller Lohnabhängigen, als Voraussetzung für die Befreiung aller Menschen von Ausbeutung und Unterdrückung eintreten. Die Selbstbefreiung der Arbeiterklasse setzt ein klares Bewußtsein über ihre historischen Aufgaben voraus. Dieses Bewußtsein wird im marxistischen Programm formuliert und nimmt in der revolutionären Avantgardepartei organisatorisch Gestalt an. Die revolutionre Vorhut der Arbeiterklasse grundsätzlich der Klasse selbst entgegenzustellen, bedeutet, um mit L.Trotzki zu sprechen, "die urwüchsige Klasse höher zu stellen als die zu Bewußtsein gekommene Klasse". Das Organ, durch das die Klasse zu Bewußtsein kommt, ist notwendigerweise die aus der Arbeiterklasse selbst hervorgehende revolutionäre Partei.

Was hat nun die "Gruppe Demontage" mit dieser für den Kommunismus im marxistischen und folglich leninistischen Sinn grundlegenden Anschauung zu tun?

Im Dezember 1997 wies sie in einem Beitrag in der ILA-Zeitschrift zurecht den nationalistischen Mystizismus der mexikanischen Zapatisten (EZLN) zurück. Wenn wir die Befindlichkeit der Leser des Buches der GD richtig einschätzen, besteht bei ihnen in Hinblick auf die Kritik am 'Befreiungsnationalismus' kaum noch ein Nachholbedarf (damit meinen wir wohlbemerkt nicht die 'Antideutschen' mit ihrem auf den Kopf gestellten Nationalismus!)

Angesichts dessen, daß es schon längst wieder die Spatzen von allen Dächern pfeifen, daß der Kapitalismus - insbesondere auch in seiner neoliberalen Form - nicht das Gelbe vom Ei ist, sollte die wirkliche Frage die nach der Alternative sein. Die Lösung dieses Problems setzt theoretische Klarheit voraus, wenngleich diese nicht genügt. Hieran aber mangelt es der GD, die ihrer Herkunft aus dem autonomen Milieu nicht verleugnen kann, entschieden.

Dieser Mangel an Klarheit äußert sich in dem ILA-Text insbesondere in zwei Punkten: Die GD besteht darauf 1. der EZLN trotz ihrer "national-patriotischen" - sprich: nationalistischen - Linie eine "sozialistische Orientierung" zuzugestehen, und sie bezieht sich 2. positiv darauf, daß die EZLN die Machteroberung ablehne und stattdessen soziale Selbstorganisation und autonome Bewegungen fordere.

Während oberflächlich betrachtet zwischen beiden Punkten - insbesondere dem Nationalismus und dem Verzicht auf staatlichen Machteroberung - ein theoretischer Widerspruch bestehen könnte, kann dieser in der historischen Praxis durchaus entfallen. Zunächst sei aber auf den antagonistischen Widerspruch zwischen 'Nationalpatriotismus' und 'Sozialismus' im marxistischen Sinn hingewiesen, der nur als eine internationale Strategie und im internationalen Rahmen verwirklicht werden kann, da er Ergebnis der Widersprüche des Kapitalismus ist, der spätestens in seiner imperialistischen Phase seinerseits nur als internationales System denkbar ist. Darüberhinaus aber sei festgehalten: Die anarchistische Vorstellung, die für den Sozialismus im marxistischen Sinn wohlbemerkt unverzichtbare soziale Selbstorganisation anstatt der Eroberung der Macht im Staate zu propagieren, beläßt diese Macht in der Praxis unumgänglich in den Händen der Bourgeoisie und führt ebenso unvermeidlich über kurz oder lang zur Liquidierung der autonomen Bewegungen. Die Erfahrungen im spanischen Bürgerkrieg in den 30er Jahren - dem einzigen Fall, in dem Anarchisten (CNT-FAI) an ihrer Praxis gemessen werden konnten - sind hier ganz eindeutig. Es kann diesseits der klassen- und nur auf dieser Basis staatslosen Gesellschaft kein mehr als kurzfristiges Vakuum bei der Staatsmacht geben. Revolutionäre, die in revolutionären Zeiten, grundsätzlich auf den Sturz des bestehenden bürgerlichen Staates und seine Ersetzung durch einen Arbeiterstaat verzichten, sind objektiv Hilfskräfte der herrschenden Ausbeuterklasse.

Diese herrschende Klasse ist aber unter kapitalistischen Bedingungen notwendigeweise wenn auch nicht ausschließlich auf den Nationalstaat bezogen. Ebenso stellen die Führungen der Befreiungsbewegungen, so sie 'national-patriotisch' statt klassenkampforientiert sind, notwendigerweise das Personal für eine neue herrschende Klasse eines im allgemeinen zumindest im der Anfangsphase 'staatskapitalistischen' Staates. Die im Buch der GD kritisierten nationalen Befreiungsbewegungen sind in Hinblick auf das kommunistische Projekt samt und sonders 'Reformisten mit einem Gewehr in der Hand'

Die GD beschränkt sich darauf, von einer 'antinationalen' Basis her, den Nationalismus der EZLN und anderer 'national-patriotischer' Bewegungen wie der PKK zu kritisieren. Sie hält dem eine recht allgemein gehaltene Orientierung auf die soziale Frage entgegen, aber sie drückt sich um eindeutige Aussagen in dieser Frage und verzichtet vorallem darauf, die eingangs dargelegten notwendigen strategischen Schlußfolgerungen zu ziehen. Es wäre an der Zeit, daß die GD und mit ihr die übrigen revolutionär gesonnenen GenossInnen aus dem gleichen Milieu ihre Halbheiten und Widersprüchlichkeiten hinter sich lassen.

Bonn, den 3.2.1999

Lesen Sie mehr KOVI-Flugblätter | KOVI-BRD Home | E-mail