AGENDA 2010:

Frontaler Angriff auf die Arbeiterklasse und die übrige arbeitende Bevölkerung.

Was ist zu tun? Kämpfen! Aber wie?

GENERALSTREIK

gegen sozialen Kahlschlag und die Angriffe auf das Streikrecht!

Nicht einmal die Soldschreiber und -redner der herrschenden bürgerlichen Klasse in ihren Medien versuchen die Tatsache zu bemänteln, dass der in Orwell'schen Neusprech als ‚Reformen' verkaufte Umbau des bundesdeutschen Sozialsystems auf ein massives Herunterfahren des Lebensstandards breitester Bevölkerungsteile und hier insbesondere auch der Arbeiterklasse hinausläuft. Diese Offenheit und die unverschämten Enteignungsforderungen der Sprecher des organisierten großen und mittleren Kapitals, die dann die Pläne ihrer Regierung -- sei es heute die von SPD und Grünen mit lokalem PDS-Wurmfortsatz oder morgen die von CDU/CSU mit oder ohne FDP -- als zunächst noch erträglich scheinen lassen, dienen dazu, einen eventuellen Widerstand der Opfer bereits im Keim zu ersticken. Ihren bisherigen Höhepunkt haben diese Angriffe im September in der Forderung der Unternehmerverbände nach der faktischen Aufhebung des Streikrechts und der weiteren Einschränkung der sogenannten Mitbestimmung gefunden. Es ist nicht damit zu rechnen, dass dieser Vorstoß in absehbarer Zeit von Erfolg gekrönt sein wird, aber er erinnert an das intime Verhältnis zwischen Kapitalismus und Faschismus. Dass das Kapital glaubt, schon jetzt mit dieser Keule drohen zu müssen, weist darauf hin, dass es selbst den Glauben daran zu verlieren beginnt, dass seine Krise im Rahmen der bürgerlichen Demokratie zu lösen ist und dass die Arbeiterklasse bis auf alle Ewigkeit paralysiert bleibt.

Der Angriff auf die sozialen Errungenschaften der Arbeiterklasse, die in Zeiten des Wirtschaftsbooms nach dem 2. Weltkrieg relativ leicht erkämpft werden konnten, ist keine spezifisch bundesdeutsche Angelegenheit, sondern in allen kapitalistischen Ländern zu beobachten. Als solcher ist dieser Angriff ein Zeichen der kapitalistischen Krise, die nach dem Zusammenbruch des von allen Interessierten einstimmig, aber deswegen nicht richtiger als "sozialistisch" bezeichneten staatskapitalistischen Lagers der stalinistischen Staaten, nicht länger zu vertuschen ist. Er bedeutet nicht weniger, als dass die Sozialpartnerschaft aufgekündigt wird.

Gerade in Deutschland geschieht das bislang leider fasst ausschließlich einseitig durch die kapitalistische Klasse und ihre politischen und ideologischen Handlanger. Die Arbeiterklasse ist diesem Angriff solange hilflos ausgesetzt wie sie nicht willens oder in der Lage ist, den Fehdehandschuh aufzunehmen und ihre eigenen Interessen mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen. Da alleine Arbeit Wert schafft, liegt die Zukunft der Menschheit in den Händen der Arbeiterklasse. Der Kapitalismus hingegen, zu dem die Krise wie das Amen zur Kirche gehört, wird zumindest seit er sich in seiner imperialistischen Epoche alle Teile der Welt untergeordnet und so bereits zwei Weltkriege verursacht hat, alleine von den Ausbeutern und ihren Bediensteten gebraucht. Zunehmend widerruft er auch die unter ihm einst möglichen sozialen Reformen und zivilisatorischen Fortschritte.

Voraussetzung für eine Gegenoffensive ist auf der einen Seite die Auflösung des ideologischen Nebels, in dem die Arbeiterklasse selbst das Märchen glaubt, mit Sachzwängen konfrontiert zu sein, die "uns alle" zwingen, den Gürtel enger zu schnallen. Die Wahrheit ist eine andere: Dass die öffentlichen Kassen leer sind, ist kein objektiver Prozess, sondern das Ergebnis der Tatsache, dass der Staat als Vertreter der Interessen der stärksten Fraktionen des Kapitals dieses seit vielen Jahren systematisch steuerlich entlastet um dessen Profite zu erhöhen, die dann -- wenn überhaupt -- in Arbeitsplätze sparende Investitionen fließen. So ist der Anteil der Gewinn- und Kapitalsteuer am staatlichen Steueraufkommen seit 1980 von 26% auf 13,4% gefallen, während der Lohnsteueranteil hingegen von 30,5% auf 31,9% und die ebenfalls überwiegend von der Arbeiterklasse aufgebrachte Umsatz- und Verbrauchersteuer von 43,5% auf 55,8% gestiegen sind. In den letzten 11 Jahren haben die ‚Arbeitnehmer' real einen Einkommensverlust von 4,4% erlitten, während die Profite der Kapitalisten unter Abzug der Inflationsrate um durchschnittlich rund 40% gestiegen sind. Der Staat kann deswegen seinen früheren Aufgaben im Interesse einer wegen des technologischen Fortschritts ohnehin für die Profitmaximierung des Einzelkapitals zunehmend überflüssigen Bevölkerung nicht mehr nachkommen. Das ist kein "Sachzwang", sondern eine gesellschaftspolitische Entscheidung zu Gunsten der herrschenden Minderheit der Kapitalisten und zum Nachteil der beherrschten lohnarbeitenden Mehrheit der Menschen.

Dagegen kämpfen kann jedoch nur eine Kraft, die nicht von einer letztendlichen Interessenidentität der beiden antagonistischen Klassen ausgeht. Der Kampf gegen diesen Angriff der Herrschenden kann nur geführt werden, wenn die Beherrschten ihn als das sehen, was er ist, und wenn sie organisiert sind und geführt werden von Leuten, die die Dinge ebenso sehen. Das tut die Führer der Massenorganisationen der lohnabhängigen Klasse -- darunter die der Gewerkschaften -- bekanntlich nicht. Die Gewerkschaftsführer mögen hin und wieder über "ihre" Regierung motzen, sie mögen drohen, bislang aber haben sie gezeigt, dass sie nicht konsequent für die Interessen ihrer Mitglieder kämpfen wollen und können. Ihre einseitige Entscheidung, den Metaller-Streik in Ostdeutschland ergebnislos abzubrechen, war dafür eines der letzten dramatischen Beispiele, und der offenkundige Unwille des neuen IG-Metall Vorsitzenden Peters, seinen vergleichsweise kämpferischen Sprüchen gleichgeartete Taten folgen zu lassen und alle Kraft zu einer Mobilisierung der IG-Metall gegen den Angriff der SPD/Grüne-Regierung zu mobilisieren, gehen in die gleiche Richtung. Ein erfolgreicher Kampf gegen die Verarmungsoffensive der Bourgeoisie in den Vorstandsetagen ebenso wie deren schon heute oder erst morgen regierenden politischen Parteien verlangt einen ideologischen Bruch der Arbeiterklasse mit der Sozialpartnerschaftsideologie und einen organisatorischen mit deren führenden Propagandisten.

Dazu gehört auch der Bruch mit allen Spielarten nationalistischer Ideologie insbesondere in den imperialistischen Ländern. Diese Ideologie bindet die Arbeiterklasse an die Ausbeuter der eigenen Nation und setzt sie den Ausgebeuteten anderer Nationen entgegen. Praktisch bedeutet das, dass eine Bewegung, die in der BRD gegen den sozialen Kahlschlag erfolgreich kämpfen will, im Bewusstsein kämpfen muss, dass sie in einer Front mit den Arbeiterklassen in anderen Ländern, mit den antiimperialistischen Bewegungen dort und mit den Arbeitsimmigranten aus anderen Ländern hier steht.

Ein zentrales Mittel, um die Arbeiterklasse und die ihr potentiell verbündeten werktätigen Schichten der Bevölkerung aus der moralischen, geistigen und organisatorischen Defensive und Lähmung herauszuholen, in der sie sich seit langem befinden, ist der Generalstreik. Der Generalstreik löst noch nicht die Machtfrage zwischen den Klassen, aber er führt der Arbeiterklasse und ebenso allen anderen Klassen der Gesellschaft ihre Macht als eine einheitliche Klasse vor Augen. Alle Einzelkämpfe müssen als Vorbereitung für den Generalstreik verstanden und entwickelt werden. Ein zeitlich unbegrenzter Generalstreik -- also keine symbolische Protestveranstaltung -- trifft die Bourgeoisie und ihre Agenten dort, wo es am meisten schmerzt, am Geldbeutel, und kann als einziges Mittel das Kräfteverhältnis zwischen den Klassen grundlegend umkehren.

Unsere Klasse muss ihre jetzigen Führer ohne Illusionen dazu auffordern, die notwendigen Schritte zum Generalstreik zu tun, oder sie als Hindernis für die Verteidigung ihrer vitalen Interessen beiseite schieben.

Im Verlauf dieses Kampfes muss die Arbeiterklasse auch ihre eigene politische Partei schaffen, um sich der Herrschaft der Bourgeoisie auf politischer Ebene entledigen zu können. Das ist die Voraussetzung für die Aufhebung der kapitalistischen Ausbeuterordnung und damit jeglicher Form der Klassenunterdrückung überhaupt. Da das nur im internationalen Rahmen möglich ist, muss die zu schaffende revolutionäre Partei Teil der internationalen Partei der Arbeiterklasse, der neu zu schaffenden Vierten Internationale sein.

1. November 2003

Lesen Sie mehr KOVI-Flugblätter | KOVI-BRD Home | E-mail