Die folgende Erklärung ward im August 1999 zu verschiedener Organisationen iranischer Linke geschickt.
Available in English!
Liebe Genossinnen und Genossen!
Die ‘Kommunistische Organisation für die Vierte Internationale' (KOVI) erklärt ihre Unterstützung für die mutigen Kämpfer der iranischen Studentenbewegung, die für die Sache der Demokratie im Iran eingetreten sind und ihr Leben gegeben haben. Zwanzig Jahre nach dem Verrat der großen antimonarchistischen und antiimperialistischen Volksrevolution im Iran durch die verfaulten klerikalen Reaktionäre ist Euer Land mit einer sich immer weiter vertiefenden ökonomischen und sozialen Krise konfrontiert. Gleichzeitig sind wir Zeuge eines willkommenen Aufschwungs sozialer Kämpfe als Antwort darauf. Die heldenhafte Revolte der Studenten war bis heute der höchste Ausdruck dieser Kämpfe, zweifellos jedenfalls soweit es die Zahl der Beteiligten betraf.
Wir erklären unsere vorbehaltlose Unterstützung für diesen Kampf und für alle Kämpfe für demokratische und soziale Rechte gegen die herrschende bürgerliche Diktatur unter der Führung der Mullahs im Iran. Gleichzeitig halten wir es aber für unsere Pflicht als proletarische Revolutionäre, unsere kritische Haltung gegenüber den politischen Positionen der rebellierenden Studenten deutlich zu machen. Wir halten es auch für nötig, uns Gedanken über die Lehren zu machen, die aus der Art und Weise gezogen werden müssen, wie der Aufstand so kriminell unterdrückt wurde. Wir tun das in Besorgnis um die kämpfenden Studenten ebenso wie um die Massen der arbeitenden Bevölkerung im Iran. Angesichts der klerikalen Barbarei sind das offensichtlich Fragen von Leben und Tod.
Soweit wir wissen hatte das politische Bewußtsein eines Großteils der Studenten noch nicht die Grenzen überschritten, die vom herrschenden Regime der ‘Velayat-e Faqih'(Herrschaft des religiösen Führers) gesetzt worden sind. Sie hatten gefährliche Illusionen in den angeblich gemäßigten Mohammad Khatami. Seine klare Position zur Erhebung jedoch hat sein wahres Wesen nun allen enthüllt, die willens sind, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Es war das Streben nach Demokratie seitens der Mehrheit des Volkes im Iran, das ihn als Präsident an die Macht gebracht hatte. Aller Wahrscheinlichkeit nach spiegelte die Stimmabgabe die Tatsache wider, daß die Massen bereits nach einem Ende des reaktionären islamischen Regimes überhaupt verlangten. Nichtsdestoweniger stellte Khatami in Wirklichkeit unter der Maske der Mäßigung eine Falle dar, die aufgestellt worden war, um die Nation im Griff der Ayatollahs zu halten. Der Glaube an Khatami lieferte die Studenten der Repression aus.
Zweitens ignorierte die generelle Beschränkung der Parolen und Ziele der Demonstrationen auf nur demokratische Forderungen die Notwendigkeit, den Kampf der Studenten mit den wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnissen der arbeitenden Massen im Iran zu verbinden. Nicht einmal bürgerlich-demokratische Rechte können jedoch erlangt und aufrechterhalten werden, solange das politische Bewußtsein der Rebellen nicht die Notwendigkeit sieht, den Kapitalismus und seine ihm inhärenten Grenzen zu überwinden. Studenten können überaus wichtige Anstöße geben, aber sie haben nicht die soziale Kraft, die Gesellschaft zu verändern. Die Geschichte beweist, daß alles was hinter einer von der Masse der Arbeiterklasse geführten sozialistischen Revolution zurückbleibt, letztlich dabei scheitern wird, sowohl die demokratischen als auch die sozialen Forderungen zu erfüllen, auf die das Volk im Iran so sehr angewiesen ist. Die offensichtlichste Lehre, die wie wir denken, aus der Unterdrückung der Studentenaufstände ziehen zu können, ist die Notwendigkeit, eine revolutionäre Vorhutpartei der Arbeiterklasse als einer Sektion einer neu zu erschaffenden Vierten Internationale aufzubauen.
Wir werden weiterhin einen gemeinsamen Kampf aller fortschrittlichen Gegner der Theokratie unterstützen; wir kommen jedoch guten Gewissens nicht umhin, zu betonen, daß die sozialistische Revolution die einzige Antwort ist.