Der folgende Text ist die Übersetzung einer Polemik der australischen Sektion der 'Kommunistischen Organisation für die Vierte Internationale’ gegen die Broschüre des früheren Mitglieds Paul White "Revolution and Stagnation in Marxism". Die Polemik, die in erster Linie die Anschauungen von Lenin und Luxemburg über die Partei zum Thema hat, erschien 1993 in der Zeitschrift der australischen "League for the Revolutionary Party", "Workers Revolution" No. 21. Da weder Paul White und seine "Workers Revolutionary Tendency" (WRT) noch seine Broschüre im deutschsprachigen Raum bekannt sind, haben wir einige geringfügige Veränderungen am Text vorgenommen. Die Zitate wurden aus Zeitgründen auch in den Fällen, in denen es offizielle deutsche Übersetzungen bereits gibt, im allgemeinen direkt aus dem Englischen zurückübersetzt.
Die theoretischen Wurzeln der Hinwendung der WRT zum Opportunismus wurden in den Broschüre 'Revolution and Stagnation in Marxism' dargelegt. Die zentrale Idee der Broschüre ist die, daß der Generalstreik das wichtigste Mittel für die Entwicklung von Klassenbewußtsein und deshalb die revolutionäre Partei erst "zuguterletzt" notwendig sei.
'Revolution and Stagnation in Marxism' war nichts weniger als eine programmatische Stellungsnahme zu den Aufgaben revolutionär gesonnener Arbeiter heute und zu den theoretischen Lektionen, die aus dem Kampf für die Neuschaffung der Vierten Internationale zu ziehen sind. So stellt die Broschüre im Klappentext fest:
Luxemburg, Lenin und Trotzki haben über die Zeit des Zusammenbruchs der Zweiten Internationale hinweg dafür gekämpft, den Marxismus durch den Aufbau der Dritten Internationale als die Waffe der Unterdrückten zu retten. Trotzki war mit der Aufgabe konfrontiert, den Kampf zu führen, um den Marxismus aus den Ruinen der stalinisierten Dritten Internationale zu retten, indem er die Vierte Internationale schuf. Diese Broschüre hat heute eine ähnliche Aufgabe.
Die Broschüre ruft zu einer 'tiefgreifenden revolutionären Regenerierung den marxistischen Theorie' nach Jahrzehnten der aus dem Sieg des Stalinismus und dem Niedergang der Vierten Internationale resultierenden Niederlagen auf. In der Tat ist es genau das, was nötig ist. Aber die von R& S vorgeschlagene "Regenerierung" weist in Wirklichkeit die marxistische Theorie von der Partei zurück.
R& S stellt zurecht fest, daß die revolutionären Lehren, die von Lenin und Luxemburg aus ihren Erfahrungen des Kampfes für die revolutionäre Partei unter Bedingungen einer stattfindenden Revolution gezogen wurden "am besten durch das sich entwickelnde Verständnis der Kommunisten von der Form der kommunistischen Arbeiterpartei deutlich gemacht werden". Aber gerade in dieser Frage kommt die Broschüre leider zu den falschen Schlußfolgerungen.
R& S ordnet wie White inzwischen selbst zugibt die revolutionäre Partei dem Generalstreik unter. Ihre Hauptidee ist diese: da die Arbeiterklasse "spontan" trotzkistisch ist, ist die revolutionäre Partei nur "letztendlich" notwendig.
Luxemburgs fatalen Irrtum bezüglich der Beziehung zwischen Partei und Klasse heute auf die Höhe einer "neuen" Methodologie zu heben, bedeutet in der Realität, einen Schritt rückwärts im Vergleich zu Luxemburg zu machen und auf den Menschewismus zurückzufallen. Luxemburg als einen Deckmantel für diesen Rückzug zu instrumentalisieren, stellt eine Beleidigung der großen revolutionären Kämpferin dar, denn sie bewegte sich 1919 in der Frage der revolutionären Partei auf Lenin zu.
Die These der Broschüre ist die, daß Lenin in Hinblick auf die Frage der Spontaneität Luxemburgist geworden sei und Luxemburg in Hinblick auf die der Partei sich vor ihrem Tod in Richtung auf den Leninismus bewegt habe. Deshalb schlägt R& S vor, die leninistische Avantgardepartei mit Luxemburgs Konzept der spontanen politischen Entwicklung der Arbeiterklasse zu kombinieren.
Das Wesen von Luxemburgs Fehler besteht darin, daß es ihr nicht gelungen ist, die konterrevolutionäre Rolle der Opportunisten als eine Bremse für die Arbeiterklasse zu verstehen und damit die Notwendigkeit einer Avantgardepartei für den Kampf gegen den Opportunismus in der Arbeiterbewegung. Das hat eine enge Beziehung zu Luxemburgs Glauben, daß die Arbeiterklasse sich "spontan" auf die revolutionäre Partei hin entwickele. Luxemburg tendierte dazu, die Entwicklung des Klassebewußtseins als eine Kombination von korrekter Propaganda und spontaner Militanz zu betrachten.
Die Broschüre stellt das selbst fest und erkennt an, daß Rosa Luxemburg dazu tendierte, "die organische Natur der Entwicklung des revolutionären Massenbewußtseins überzubewerten und gleichzeitig die Wichtigkeit der bewußten Organisation unterzubewerten". Und sie zitiert Lukacs zu den Differenzen zwischen Lenin und Luxemburg:
Lenin und Luxemburg stimmten politisch und theoretisch bezüglich der Notwendigkeit, den Opportunismus zu bekämpfen, überein. Der Konflikt zwischen ihnen lag in den Antworten auf die Frage, ob die Kampagne gegen den Opportunismus als ein intrellektueller Kampf innerhalb der revolutionären Partei des Proletariats geführt werden solle oder auf der Ebene der Organisation gelöst werden müsse. Luxemburg wendet sich gegen die letztgenannte Anschauung.
Rosa Luxemburg glaubte, daß der Generalstreik und spontane Militanz sich im allgemeinen als "ein historisches Phänomen, das in einem bestimmten Augenblick mit historischer Unausweichlichkeit aus den gesellschaftlichen Bedingungen resultiert" entwickele. Die Aufgabe der revolutionären Partei bestehe deshalb darin, der Bewegung des Generalstreiks eine politische Führung zu geben und weniger darin, in die Arbeiterbewegung zu intervenieren, um das revolutionäre Bewußtsein zu entwickeln, daß nötig ist, um für den Generalstreik zu kämpfen. Diese relativ spontaneistische Ansicht über den Generalstreik führte zu einer passiven propagandistischen Konzeption der Rolle der revolutionären Partei. Wie die Broschüre zugibt,
verstand [Rosa Luxemburg] die ausschlaggebende Bedeutung des Kampfes für revolutionäre Politik und die wichtige Rolle der proletarischen Partei in diesem Kampf. Aber sie sah die Rolle der proletarischen Führung überwiegend in der Propaganda für die richtige Politik anstatt darin, diese mit dem politischen Ringen um die Führerschaft im praktischen Kampf zu verbinden.
Kein Anhänger des dialektischen Materialismus könnte glauben, daß die Differenz zwischen Lenin und Luxemburg in der Parteifrage nicht Widerspiegelung eines entscheidenden Unterschieds der Anschauungen in der Frage des Klassenbewußtseins gewesen wäre. Lukacs fasst den Unterschied in einer Passage zusammen, die White nicht zitiert hat:
Die Partei muß die Revolution vorbereiten. Das heißt, sie muß einerseits durch ihr Handeln (durch ihren Einfluß auf das Handeln des Proletariats und der anderen unterdrückten Schichten) auf das Reifen dieser Tendenzen zur Revolution beschleunigend zu wirken versuchen. Sie muß aber andererseits das Proletariat auf das in der akut revolutionären Situation notwendige Handeln ideologisch, taktisch, materiell und organisatorisch vorbereiten...[Die Auffassung] von Rosa Luxemburg, daß sie ein Produkt der revolutionären Massenbewegung ist, erscheint einseitig und undialektisch. Die die Revolution vorbereitende Funktion der Partei macht aus ihr zu gleicher Zeit und in gleicher Intensität Produzent und Produkt, Voraussetzung und Frucht der revolutionären Massenbewegung... Dieser Wechselwirkung ist Rosa Luxemburg stellenweise ganz nahe gekommen. Sie verkennt aber das bewußte und aktive Element an ihr. Darum ist sie außerstande gewesen, den springenden Punkt der Leninschen Parteikonzeption - diese vorbereitende Funktion der Partei - zu erkennen; darum mußte sie alle daraus folgenden organisatorischen Prinzipien in der gröbsten Weise mißverstehen." (G. Lukacs: Lenin)
Der junge Trotzki vertrat in der Tat eine Sichtweise über die Beziehung zwischen Klassenbewußtsein und der revolutionären Partei, die der Rosa Luxemburgs vor 1918 in bemerkenswerter Weise ähnlich war. 1903 stellte Trotzki Lenins Konzept von der revolutionären Avantgardepartei eine Partei auf breiter Basis nach dem Vorbild der deutschen Sozialdemokratie entgegen. Trotzki behauptete, daß Lenin im Begriffe sei, eine "orthodoxe Theokratie" zu errichten, die "für das Proletariat denkt und sich politisch an seine Stelle setzt". Trotzki hielt Lenins Konzept der Avantgardepartei die Spontaneität entgegen:
Lang lebe die Eigenaktivität des Proletariats! Nieder mit dem politischen Stellvertretertum!
Trotzki erklärte: "Die Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft bringt das Proletariat spontan dazu, politisch Gestalt anzunehmen; die objektiven Tendenzen dieses Prozesses werden am deutlichsten im revolutionären, d.h. im marxistischen Sozialismus."
Die breite "sozialistische" Partei (im Gegensatz zur leninistischen Avantgardepartei, die für das marxistische Programm kämpft) wurde daraus abgeleitet. Viele Jahre später, nachdem er Bolschewik geworden war, erinnerte sich Trotzki:
Ich begann mit der radikal falschen Perspektive, daß der Verlauf der Revolution und der Druck der proletarischen Massen letztendlich [die gesamte SDARP] dazu zwingen würden, dem gleichen [revolutionüren] Weg zu folgen. (Trotzki: Unsere Differenzen. 1924)
Nun, nachdem sich die entscheidende Überlegenheit der leninistischen Avantgardepartei im Feuer der Revolution erwiesen hat, nachdem die leninistisch-trotzkistische Position bezüglich der Beziehung zwischen Klassenbewußtsein und der revolutionären Partei seine ganze Richtigkeit und Notwendigkeit in großen historischen Ereignissen gezeigt hat, schlägt White vor, Rosa Luxemburgs fatalen Irrtum in der Frage des Klassenbewußtseins wiederzubeleben und ihn an eine suspekte Version der leninistischen Partei zu verheiraten. Man kann voraussagen, daß die Ehe unfruchtbar bleiben wird.
Um diese Zwangshochzeit zu heiligen, bedient sich White einer Geschichtsfälschung: Er schreibt Luxemburgs Fehler Lenin mit der Feststellung "Lenin wurde Luxemburgist!" zu. Erlauben wir es dem reifen Trotzki, darauf zu antworten:
Einige von Rosa Luxemburgs Fehlern mögen mit ausreichender Berechtigung als linkszentristisch charakterisiert werden. Man könnte sogar noch weiter gehen und sagen, daß die Mehrzahl der Divergenzen zwischen Rosa Luxemburg und Lenin eine mehr oder weniger starke Hinwendung zum Zentrismus repräsentierte. Aber nur die Idioten und Ignoramusse und Charlatane der Komintern-Bürokratie sind in der Lage, den Luxemburgismus als eine historische Tendenz in die Kategorie des Zentrismus einzuordnen. (Trotzki: Der Kampf gegen den Faschismus in Deutschland)
Heute bleibt nur übrig, davor zu warnen, daß eine "Hinwendung zum Zentrismus" sich zu einer opportunistischen Degeneration entwickeln kann, wenn sie nicht beizeiten korrigiert wird.
Die leninistische Vorhutpartei besteht aus der klassenbewußten Avantgarde der Arbeiterklasse. Ihre Rolle ist die, indem sie um die revolutionäre Führung des stattfindenden Klassenkampfes kämpft und den Massen die revolutionäre Bedeutung der Erfahrungen des Klassenkampfes erklärt, revolutionäres Bewußtsein in den Massen zu entwickeln. Die entscheidende Vorbereitung der Revolution findet mittels der Stählung einer Partei kommunistischer Kämpfer und der Vorbereitung der Massen auf der Grundlage der Erfahrung des Kampfes der Partei um die revolutionäre Führung statt. Das verlangt eine bewußte Strategie und Taktiken, die in einer revolutionären Strategie zu erarbeiten und im revolutionären Programm zu formulieren sind. Die Partei wird auf diesem Programm aufgebaut. Das Programm wird durch die bewußte theoretische Assimilation der revolutionären Lehren aus den historischern Erfahrungen geformt. Das steht dem sich Verlassen auf spontane Militanz und der Ableitung der Strategie vom spontanen historischen Prozess entgegen.
In der Tat wurde das leninistische Konzept der Avantgardepartei im Kampf gegen die Tendenz geboren, die revolutionäre Partei der spontanen Massenbewegung im Rußland um die Jahrhundertwende unterzuordnen. Die notwendige theoretische Form, die diese Tendenz annahm, war die Spontaneitätstheorie der Ökonomisten. Der Erzökonomist Martynov argumentierte auf dem Parteitag der Russischen Sozialdemokratischen Partei 1903, daß sich die Arbeiterbewegung spontan "nicht in Richtung auf die bürgerliche Ideologie, sondern auf den modernen wissenschaftlichen Sozialismus" hinbewege.
Die notwendige Schlußfolgerung daraus war die, daß "revolutionäre Sozialisten" eine breite "marxistische" Partei organisieren sollten, um die spontane Entwicklung der Arbeiter zu bewußten Marxisten widerzuspiegeln, indem sie diese "spontanen" Sozialisten rekrutiere.
Die zukünftigen Menschewiki wie Martov waren der Meinung, daß die Tendenz der Ökonomisten geschlagen sei, sobald diese sich der politischen Agitation zuwendeten. Die Menschewiki bestritten nicht, daß die Arbeiterklase dazu tendiere, spontan bewußt zu werden. Sie fügten nur hinzu, daß die Aufgabe der Sozialdemokratie darin bestehe, (sozialistische) politische Agitation zu betreiben, um diese Entwicklung mittels einer breiten Sozialdemokratischen Partei nach dem Muster der europäischen Parteien zu beschleunigen. Die Partei war ein Reflex der Entwicklung der Klasse zum Klassenbewußtsein.
Lenin war vollkommen dagegen. Lenin's zentrale Polemik mit den Ökonomisten bestand darin, daß es die Aufgabe revolutionärer Arbeiter sei, die revolutionär gesonnenen (fortgeschrittenen) Arbeiter mittels einer zentralisierten und disziplinierten Vorhutpartei, die innerhalb der Arbeiterbewegung für das revolutionäre Programm kämpft, zu bewußten Marxisten zu machen, und nicht mittels einer breiten "marxistischen" Nachhutpartei, die vermeintlich durch objektive Umstände revolutionierte Arbeiter rekrutiert. Lenin argumentierte 1899 in seiner Schrift 'Unsere nächste Aufgabe':
Die Sozialdemokratie reduziert sich nicht auf einfachen Dienst an der Arbeiterbewegung: sie ist die 'Vereinigung von Sozialismus und Arbeiterbewegung' (um die Definition K.Kautzkys zu gebrauchen, die die Hauptideen des 'Kommunistischen Manifests' wiedergibt); es ist ihre Aufgabe, in die spontane Arbeiterbewegung bestimmte sozialistische Ideale hineinzutragen, sie mit sozialistischen Überzeugungen, die auf dem Niveau der modernen Wissenschaft stehen müssen, zu verbinden, ... , mit einem Wort, diese spontane Bewegung mit der Tätigkeit der revolutionären Partei zu einem unauflöslichen Ganzen zu verbinden. (LGW Bd.4, S 211)
Das ist der Punkt, den Lenin für die nächsten vier Jahre immer wieder einhämmerte. Aber so stellt White die Angelegenheit keineswegs dar. White bedient sich Lenins Mißtrauen gegen die Spontaneität und seiner fehlgeleiteten Benutzung von Kautskys Formel vom "Sozialismus von außen", um gemeinsam mit dem mechanischen Konzept des Klassenbewußtseins, das Lenin später aufgab, den Kern von "Was tun?" zurückzuweisen.
Nun, Lenin hat 1903 ganz sicher ein mechanisches Verständnis der Beziehung zwischen Spontaneität und revolutionärem Bewußtsein gehabt. Diese Sichtweise hatte er von Kautsky. Und Lenin hatte 1903 sicher die falsche Anschauung vertreten, daß das Klassenbewußtsein "von außen", von der revolutionären Intelligenz hineingetragen werde (eine auch von Kautsky übernommene Vorstellung) und daß die spontane Arbeiterklassenbewegung sich niemals über ein enges gewerkschaftlerisches ("trade unionistisches") Bewußtsein erheben könne. Darum stellt Lenin in "Was tun?" fest:
Darum besteht die unsere Aufgabe, die Aufgabe der Sozialdemokratie, im Kampf gegen die Spontaneität, sie besteht darin, die Arbeiterbewegung von dem spontanen Streben des Trade-Unionismus, sich unter die Fittiche der Bourgeoisie zu begeben, abzubringen und sie unter die Fittiche der revolutionären Sozialdemokratie zu bringen. (LAW, Bd. 1, Berlin 1982, S.175)
Lenin wurde auf dem Kongreß von 1903 auf der Basis der Formulierungen in "Was tun?" beschuldigt, eine Partei der radikalen Intelligenzija aufzubauen.
Lenin [sagen meine Kritiker] beachtet überhaupt nicht, daß die Arbeiter auch einen Anteil an der Formierung einer Ideologie haben. Ist das so? Habe ich nicht immer wieder gesagt, daß der Mangel an voll klassenbewußten Arbeitern, Arbeiter-Führern in der Tat der größte Mangel unserer Bewegung ist? (LCW, Vol.6, p.491).
An anderer Stelle in "Was tun?" wendet Lenin diesen Gedanken auf die Aufgaben der revolutionären Partei an:
Die Aufmerksamkeit muß deshalb vorallem darauf gerichtet werden, die Arbeiter auf das Niveau der Revolutionäre zu heben: es ist überhaupt nicht unsere Aufgabe, auf das Niveau der ‘arbeitenden Massen’ herabzusteigen, wie es die Ökonomisten tun wollen, oder auf das Niveau des ‘Durchschnittlichen Arbeiters’ wie die Svoboda möchte...
Das ist die revolutionäre Essenz von "Was tun?" Trotz des mechanischen Verständnisses des Klassenbewußtseins und der Formel vom "Sozialismus von außen" beruht die leninistische Partei auf der Notwendigkeit einer zentralisierten und politisch homogenen Partei, um für revolutionäres Bewußtsein zu kämpfen. 1905 überwand Lenin das mechanistische Verständnis des Verhältnisses zwischen Spontaneität und revolutionärem Bewußtsein, wie er es von Kautsky übernommen hatte, indem er die Formel des "von außen" überwand und mit ihr die Outsider-Sicht auf die Arbeiterklasse.
Trotzki bezieht sich bei wenigstens zwei Gelegenheiten auf diese Transformation in der Position Lenins. In seinen "Tagebüchern 1933-35" weist Trotzki auf die relative Natur des Fehlers Lenins hin und schreibt:
Lenin irrte manchmal nicht nur in kleinen Sachen, sondern auch bei wichtigen Fragen. Aber er korregierte sich früh genug... Plekhanov hatte mit seiner Kritik an Lenins Theorie der Entwicklung des Sozialismus 'von außen' recht. Und was sagte Plekhanov?
Daß die Arbeiterklasse spontan revolutionär sei? Daß die Ökonomisten recht gehabt hätten? Nein! Plekhanov bekämpfte die Ökonomisten zusammen mit Lenin in der Redeaktion der Iskra. Plekhanovs Standpunkt ist in die folgende charakteristische Fußnote in Lenins 'Was tun?' eingegangen:
Das heißt selbstverständlich nicht, daß die Arbeiter an dieser Ausarbeitung nicht teilnehmen. Aber sie nehmen daran nicht als Arbeiter teil, sondern als Theoretiker des Sozialismus, als die Proudhon und Weitling, mit anderen Worten, sie nehmen nur dann und soweit daran teil, als es ihnen in höherem oder geringerem Maße gelingt, sich das Wissen ihres Zeitalters anzueignen und dieses Wissen zu bereichern. (LAW Bd. 1, S.175)
Wie bei seiner Formel von der 'demokratischen Diktatur' kämpft Lenin hier darum, der opportunistischen Formel Kautskys einen revolutionären Inhalt einzuimpfen. Weit entfernt von einer "kautzkyistischen absoluten Feindschaft gegenüber der Spontaneität der Arbeiterklasse" zeigte Lenin 1903 eine revolutionäre Feindschaft gegen die Spontaneität. Das Konzept der Avantgardepartei entstand aus diesem Kampf. Lenin hat die leninistische Partei niemals zurückgewiesen.
Der Wandel in Lenins Meinung während der Revolution von 1905 wurde von unserer Tendenz schon oft dokumentiert. Die Bedeutung der Sache ist von White offensichtlich völlig mißverstanden worden. White denkt offensichtlich, daß 1905 Lenin gelehrt habe, daß die Ökonomisten und die Menschewiki doch Recht gehabt hätten: Arbeiter reifen spontan zu bewußten Revolutionären heran, und die Aufgabe der Partei besteht darin, diese Arbeiter zu rekrutieren und die bürgerliche Ideologie in der Arbeiterbewegung zu bekämpfen. Das ist nicht das, was Lenin gesagt hat.
Die Auffassung des reifen Lenin ist in dem folgenden Satz präzise zusammengefasst: "Die Arbeiterklasse ist instinktiv und spontan sozialdemokratisch, und die mehr als zehnjährige Arbeit der Sozialdemokratie hat schon sehr, sehr viel dazu beigetragen, diese spontane in eine bewußte Einstellung zu verwandeln." (LGW, Bd. 10, S. 16)
Lenin wiederholt 1910 genau die gleichen Schlußfolgerungen in dem Artikel "Die Lehren der Revolution". Er weist zunächst auf die "Jahre der Propaganda und Agitation" hin, die die Sozialdemokratie investiert hat, und fügt dann hinzu, daß die Arbeiter in diesem Zusammenhang Sozialisten werden:
Auf Schritt und Tritt stoßen die Arbeiter unmittelbar auf ihren Hauptfeind - die Klasse der Kapitalisten. Im Kampf gegen diesen Feind wird der Arbeiter Sozialist, gelangt er zu der Erkenntnis, daß es gilt, die ganze Gesellschaft völlig umzubauen, jegliches Elend und jegliche Unterdrückung völlig zu beseitigen.
Hätte White den Absatz davor gelesen, in dem sich Lenin auf die Jahre der Arbeit der Sozialdemokratie bezieht, dann hätte er gesehen, daß Lenin hier genau das gleiche wie 1906 sagt. Die Aufgabe der Avantgardepartei bleibt die, "Spontaneität in Bewußtsein umzuwandeln". Das kann nicht durch Rekrutierungskampagnen erreicht werden, wie White glaubt. Nein: das war die Lösung der Menschewiki, die riefen "macht die Tore weit offen". Lenin ist absolut klar. Er sagt, daß Arbeiter generell sozialistisch (wie wir heute sagen würden) würden, und "die Notwendigkeit eines völligen Umbaus der ganzen Gesellschaft und der vollständigen Beseitigung jeglichen Elends und jeglicher Unterdrückung erkennen." Das ist noch nicht revolutionäres Bewußtsein!
1905 entledigte sich Lenin der Zwangsjacke des 'Sozialismus von außen' und erkannte, daß revolutionäre Arbeiter Marxismus entwickeln würden, indem sie die revolutionäre Partei aufbauten. Die Aufgabe revolutionärer Arbeiter wird die "Spontaneität in Bewußtsein zu verwandeln", nicht die, zu "kämpfen" und Spontaneität "abzulenken". Von diesem Verständnis aus operierte Lenin für den Rest seines Lebens: der marxistischen Formulierung des Verhältnisses zwischen spontaner Militanz und revolutionärem Klassenbewußtsein.
In einer zentralen zusammenfassenden Schlußfolgerung von R& S schreibt White:
[Luxemburg und Lenin] waren sich darüber klar, daß Proletarier durch die objektiven Umstände ihrer täglichen Ausbeutung unter dem Kapitalismus dazu gebracht würden, sich selbst über die politischen Realitäten klarzuwerden und darüber, was zu tun sei. Sowohl Lenin als auch Luxemburg betrachteten die Arbeiterklasse schließlich als unter den richtigen objektiven Umständen spontan revolutionär. Die Rolle der marxistischen Partei jedoch bleibt - und darauf bestand Lenin besonders - ausschlaggebend. Da das Proletariat sich politisch in unterschiedlichem Maße entwickelt, wird das revolutionäre Bewußtsein, wenn die fortgeschrittendsten Arbeiter nicht intervenieren, um die zurückgebliebenen Schichten zu führen, nicht von der Klasse als ganzer erreicht werden. Spontaneität verlangt eine revolutionäre Partei, um letztlich siegreich zu sein. Dennoch: Führung ist eine Beziehung innerhalb der Arbeiterklasse, nicht zwischen Intellektuellen und Proletariern. Die marxistische Partei aufzubauen, um die Arbeiter zu führen, ist der einzige Weg, das klassenfremde Eindringen bürgerlicher Ideologie zu besiegen.
Der Form nach ist das eine Wiederholung eines Artikels der LRP mit dem Titel "'Workers Power': Eine ohnmächtige Antwort auf den Reformismus" (PR No.23, Spring 1985), dem Inhalt nach aber das Gegenteil. White sagt, daß die revolutionäre Partei "letztlich" notwendig sei. Die LRP argumentiert, daß die Entwicklung revolutionären Bewußtseins von der Intervention der Vorhutpartei abhänge.
Angesichts von White's eifriger Verteidigung seiner Revidson und der Feststellung, daß "die Arbeiterklasse instinktiv, spontan revolutionär sozialistisch ist", kann es gar keinen Zweifel daran geben, was die Feststellung, daß "die Arbeiterklasse unter den richtigen Bedingungen spontan revolutionär ist" bedeutet. White spricht nicht darüber, daß die Arbeiterklasse spontan (objektiv) revolutionär, aber nicht spontan revolutionär sozialistisch ist, was die marxistische Position ist. Nein, die Qualifizierung “unter den richtigen Bedingungen" bedeutet einfach, daß die Arbeiterklasse nicht zu jeder Zeit spontan revolutionär sozialistisch sei. Es bedarf der Massenaktion. Das ist der tiefere Grund, weshalb White der Auffassung ist, daß der Generalstreik das wichtigste Mittel zur Schaffung von Klassenbewußtseins sei.
White schreibt, daß sich "Zentristen, da sie darauf bestehen, daß keine Rede davon sein kann, daß die Massen im Kampf selbst Klassenbewußtsein erwerben", weigern, zum Generalstreik aufzurufen und stattdessen die Arbeiter aufrufen, auf die Bildung einer "revolutionären sozialistischen Partei" der Mittelklasse-Intellektuellen zu warten. Die WRG "versteht" im Gegensatz dazu, daß die Arbeiterklasse "instinktiv, spontan revolutionär sozialistisch" ist und ruft deshalb zum Generalstreik auf, um diesen Prozess zu beschleunigen. Kein Wunder, daß White glaubt, daß die Debatte über den Generalstreik (und nicht die Zentralität der revolutionären Partei und der Führung durch die Arbeiterklasse) "den Kern des Klassenunterschieds darstellt, der den revolutionären Marxismus von allen Spielarten des Opportunismus trennt".
Luxemburgs Halbspontaneismus mittels der Zentralität der Forderung nach dem Generalstreik mit Lenins Avantgardepartei zu kombinieren, bedeutet, die historische Aufgabe der revolutionären Partei an den Generalstreik zu delegieren. Die revolutionäre Partei wird zu einem Anhängsel der spontanen Bewegung und nicht zu ihrer bewußten Führung.
Die Herabwürdigung der historischen Bedeutung der revolutionären Partei führt unvermeidlich zur Ersetzung der Notwendigkeit bewußter revolutionärer Führung durch ein Programm der Massenaktion. R & S faßt zusammen:
Die Arbeiterklasse braucht eine neue oppositionelle Führung, die auf Massenaktion in den Gewerkschaften und an allen Fronten des Klassenkampfes eingeschworen ist... Innerhalb einer wirklichen Arbeitereinheitsfront werden wir dafür eintreten, daß die Arbeiterklasse eine revolutionäre sozialistische Partei aufbauen muß, um unsere Klasse zur revolutionären Übernahme der Staatsgewalt zu führen.
Trotzkis Antwort an die zentristische 'Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands' (SAP) ist die einzig angemessene Warnung angesichts dieser programmatischen Revision:
Das eine Arbeiterpartei gezwungen ist, die Politik der Einheitsfront durchzuführen, kann nicht bestritten werden. Aber die Politik der Einheitsfront hat ihre Gefahren. Nur eine erfahrene und erprobte revolutionäre Partei kann diese Politik erfolgreich durchführen. Auf jeden Fall kann die Politik der Einheitsfront nicht als das Programm für eine revolutionäre Partei dienen. Und in der Zwischenzeit ist nun die gesamte Aktivität der SAP auf ihr aufgebaut. Als Ergebnis wird die Politik der Einheitsfront in die Partei selbst hinübergetragen, das heißt, sie dient dazu, die Widersprüche zwischen den verschiedenen Tendenzen zu verwischen. Und das genau ist die Funktion des Zentrismus. (Trotzki: Der Kampf gegen den Faschismus in Deutschland)
Die Broschüre ordnet die revolutionäre Partei dem Generalstreik unter und stellt die vorbereitende Rolle der Avantgardepartei "als ein sekundäres Argument" dar. Dann schlägt sie die "Neue oppositionelle Führung" als eine Zwischenstationsforderung nach einer Einheitsfront, die sich an militantes Gewerkschaftlerbewußtsein richtet, vor. Das ist Menschewismus!
Die Unterordnung der revolutionären Partei unter den Generalstreik, die Darstellung der vorbereitenden Rolle der Avantgardepartei, die Theorie des spontanen 'Trotzkismus', die Idee, daß die revolutionäre Partei von den 'spontan revolutionären Arbeitern' gebildet wird und diese rekrutieren muß, und das Konzept der revolutionären Partei als der "revolutionären Generalisiererin' spontaner Militanz: das ist genau und in vollem Umfang die Unterordnung des Bewußtseins unter die spontane Militanz, wie sie so charakteristisch für den Menschewismus ist. Die Feststellung, daß "diese spontane Militanz in einer bewußten leninistischen revolutionären Arbeiterpartei organisiert werden muß" stellt die Partei in einer hauptsächlich organisatorischen Rolle dar.
Der entscheidende Unterschied zwischen White und dem Leninismus ist der über die vorbereitende Rolle der revolutionären Partei. Das Schicksal der Revolution hängt von der richtigen Antwort auf diese Frage ab, wie Trotzki erklärte:
Das Proletariat kann nicht einmal die günstigste revolutionäre Situation nutzen, wenn in der vorangehenden, vorbereitenden Periode die Avantgarde des Proletariats nicht in Gestalt einer wirklich revolutionären, d.h. bolschewistischen Partei Gestalt angenommen hat. Das ist die zentrale Lehre aus dem Oktober. Alle anderen sind ihr untergeordnet. Die Partei kann nicht für die Bedürfnisse des Augenblicks improvisiert oder für den Zweck des bewaffneten Aufstandes zusammengworfen werden. (Trotzki: Unsere Differenzen. 1924)
Luxemburg nahm in Opposition zu Kautskys Zentrismus eine revolutionäre Position ein. Aber sie setzte ihm ein halbspontaneistisches Konzept der Beziehung zwischen der revolutionären Partei und der Arbeiterklasse entgegen, das schließlich die Wurzel ihres fatalen Fehlers war: dem, vor der Katastrophe des Weltkrieges keine revolutionäre Avantgardepartei aufgebaut zu haben, die die deutsche Revolution 1918/19 zum Sieg hätte führen können.
Luxemburg verkannte die ausschlaggebende vorbereitende Rolle der revolutionären Partei für die Stählung der revolutionären Arbeiter. Stattdessen stellte sie die revolutionäre Partei als "nur" den "bewußtesten" Teil der "bewußten Eigenbewegung" der Arbeiterklasse dem Verständnis Lenins von der revolutionären Partei als dem einzigen historischen Werkzeug des Klassenbewußtseins entgegen.
Luxemburgs Tendenz zum Abstentionismus und zur relativen Passivität ergab sich aus aus diesem falschen Verständnis der Beschränkungen der spontanen Militanz und aus ihrer Tendenz, spontane Militanz anzustacheln, statt für die Transformierung spontaner Militanz in revolutionäres Bewußtsein zu kämpfen. Eng damit verbunden war ihre Tendenz, den Generalstreik und die spontane Militanz der Arbeiterklasse als Auslöser des revolutionären Bewußtseins zu sehen.
Bis 1919 sah sie deshalb die revolutionäre Partei als einen Reflex auf die spontane Entwicklung von Klassenbewußtsein und trat für organisatorische Konzepte ein, in denen sie sich für "sozialdemokratischen Zentralismus" als Mehrheitsherrschaft einsetzte und für sozialdemokratische Ungebundenheit im Gegensatz zu Lenins eisernem Zentralismus und rigoroser Diskussion. Erst nach der deutschen Revolution von 1918 begann Luxemburg die Notwendigkeit der revolutionären Avantgardepartei im Gegensatz zur breiten "marxistischen" Partei zu verstehen. Dieser Prozess wurde durch ihre Ermordung abgebrochen. Er war in erster Linie ein Ergebnis der bewußten theoretischen Assimilation der Lehren des Klassenkampfes und nicht einer verspäteten Anpassung an spontane Militanz oder eine "Kombination" der Avantgardepartei mit spontaner Militanz.
Luxemburgs grundlegender Fehler war der, daß sie nicht die Rolle der reformistischen Bürokratie als eine Bremserin der Arbeiterbewegung und als eine konterrevolutionäre Kraft verstand. Eine direkte Linie führt von der 'spontanen Entwicklung zu revolutionären Bewußtsein' und der Partei als Reflex der Klasse zur deutschen Katastrophe von 1919. Die Vorstellung, der spontane Aufschwung der Massen werde die Reformisten aus dem Weg kehren, hatte dazu geführt, daß in den Jahren vor dem 1. Weltkrieg keine unabhängige revolutionäre Avantgardepartei aufgebaut wurde. Der gleiche Fehler lag dem Desaster zu Grunde, das den Spartakus-Bund 1919 heimsuchte. Der Glaube, daß die Militanz der Arbeiterklasse sich spontan in Richtung auf das revolutionäre Programm entwickele und daß deshalb die Rolle der revolutionären Partei nicht darin bestehe, Spontaneität in Bewußtsein umzuwandeln, sondern darin, die spontane Militanz zu entwickeln, hat in den Januarkämpfen grausam Schiffbruch erlitten.
Noch am 31. März 1917 begeht Luxemburg eine linke Version ihres Fehlers von 1904:
Der Spartakus Bund ist nur [!!] eine andere historische Tendenz in der gesamten Bewegung des deutschen Proletariats. Sie zeichnet sich durch eine unterschiedliche Haltung in allen Fragen der Taktik und Organisation aus. Aber die Ansicht, daß es deshalb notwendig sei, zwei sorgsam voneinander geschiedene Parteien, die mit diesen beiden Aspekten der sozialistischen Opposition [Spartakisten und 'Unabhängige'] korrespondieren, zu bilden, beruht auf einer rein dogmatischen Interpretation der Funktion von Parteien [!!].
Mit dieser theoretischen Konzeption trat der Spartakus Bund in die deutsche Revolution ein als ein Jahr später die Kämpfe ausbrachen. Während Luxemburg heldenhaft kämpfte, um das fatale Erbe der Vergangenheit zu überwinden, zeigte die Geschichte tragischerweis, daß die Avantgardepartei einfach nicht im Feuer der Revolution improvisiert werden kann.
Die Wurzeln der deutschen Katastrophe lagen also vorallem in dem Fehler, nicht vor 1917 die Vorhutpartei gegründet zu haben, und darüberhinaus in Luxemburgs Tendenz, auch während der Januarkämpfe von 1919 eher die spontane Militanz anzufachen statt für den Sieg des Bewußtseins über diese zu kämpfen. Das mag damit zu tun gehabt haben, daß der Spartakusbund keine operativen Taktiken zur Entlarvung der USPD hatte und sich stattdessen auf Massenaktionen und literarische Entlarvung verließ.
Lenin und Luxemburg zu "kombinieren", kann nur zum Desaster führen! Es kann nur zur Bildung einer Partei führen, die Luxemburgs fatalen Irrtum wiederholen wird. Die 'League for the Revolutionary Party' stimmt mit Paul Fröhlichs zusammenfassender Darstellung der Unterschiede zwischen Luxemburg und Lenin überein:
Mit gewissen Einschränkungen könnte man sagen, daß Rosa [Luxemburg] stärker vom [spontanen] historischen Prozess als ganzem beeinflußt war und ausschließlich aus dieser Quelle zu ihren politischen Schlußfolgerungen kam, während Lenin's Auge stärker auf das vor ihm liegende Ziel gerichtet war, für dessen Erreichen er dann die notwendigen Mittel suchte. Für sie waren der entscheidende politische Faktor die Massen; für ihn war es die Partei, und er bemühte sich darum, die Speerspitze der gesamten Bewegung zu schmieden. Er ähnelt dem Generalstabschef einer hoch organisierten Armee, sie eher dem Bannerträger in der vordersten Reihe eines breiten Aufgebots der Klasse. (Fröhlich: Rosa Luxemburg)
Während heutzutage die Arbeiterklasse eher revolutionäre Offiziere als Bannerträger braucht, stellt die LRP (in Übereinstimmung mit Trotzki) fest, daß die Wiedererschaffung der Vierten Internationale unter dem Banner von Lenin und Luxemburg stattfindet.